Lauenburgische Heimat
[Alte Folge]

Zeitschrift des Heimatbundes Herzogtum Lauenburg e. V.
1927


[Miszelle]

Bücher- und Zeitschriftenschau


Wilhelm Wisser, Auf der Märchensuche. Hamburg: Hanseatische Verlagsanstalt.-
Professor Wilhelm Wisser hat uns schon auf dem Sandesnebener Heimatfest köstlich frisch und lebendig davon erzählt, wie er auf die Märchensuche gegangen ist und zunächst immer ohne Beute und nachher mit so wundervoll reichem Fang heimgekehrt ist. Und nun liegt das Buch vor uns, in dem er das alles in voller Ausführlichkeit noch einmal berichtet. Und da schauen wir Lauenburger Freunde begierig auf und begrüßen es mit heller Freude, daß uns der greise Märchenprofessor just zu Weihnachten dies Buch beschert hat. Und sofort vertiefen wir uns in die Darstellung und finden soviel Feines und Liebes und Lustiges darin, daß wir gar nicht wieder davon loskommen. Wir lernen all die alten Weiblein und Männlein in den Katen und Altenteilswohnungen kennen, die Wisser mit so viel List und Humor zum Erzählen gebracht hat. Wir sind glücklich mit ihm über jeden Erfolg, den er erzielt, und geraten wie er in eine Art Galgenhumor, wenn es eine Niete gibt, wie z. B. im Seekamper Gut, wo ihm ein alter Tagelöhner seine eigene Geschichte aus dem Eutiner Volkskalender nacherzählt. Am meisten aber högen wir uns, wenn der Professor einmal sein Thema verläßt und, wie auf den ersten Seiten der "Erläuterungen und Erweiterungen", von seiner eigenen Jugend, von Jehann-Unkel und Gretentante und der wunderguten Großmutter in Braak zu uns plaudert. Dabei vergessen wir fast, daß dies Buch eigentlich gar nicht um des Plauderns willen da ist, sondern einen streng wissenschaftlichen Zweck verfolgt, nämlich ein Quellennachweisbuch für die "Plattdeutschen Volksmärchen" zu sein. Nun, mag sich jeder Leser aus dem Werkchen herausnehmen, was ihm gefällt: mir ist der Geschichtenerzähler Wilhelm Wisser noch ein gut Stück lieber als der auch von mir bewunderte Forscher. Jedenfalls aber ist hier ein Buch, an dem kein Volkskundler und kein Verehrer Wissers und seiner Märchen vorbeigehen darf.

G
 


1927/1 - 37

 

 

 

 

 

 

 



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