Beherzigenswerte Grundsätze für Gestaltung
und Anbringuug von Reklamezeichen im Stadtbilde sind vom
Städtischen Baupflegeamt in Soest aufgestellt worden. Wir
entnehmen ihnen das Folgende:
Gemäßigte Reklame ist im heutigen geschäftlichen Wettbewerb
unentbehrlich und kann bei künstlerischer Gestaltung das
Stadtbild beleben. Reklame-Auswüchse müssen im öffentlichen
Interesse bekämpft werden. Unbegrenzte Häufung der
Gewerbezeichen schädigt die Geschäftswelt, da bei fortgesetzter
gegenseitiger Ueberbietung die Ausgaben für Reklame eine
unwirtschaftliche Höhe erreichen. Außerdem sinkt die Werbekraft
der Reklame mit ihrer steigenden Häufigkeit. Je weniger Schrift
und Bildzeichen dem Beschauer geboten werden, desto besser
prägen sie sich ihm ins Gedächtnis. Je mehr ein Stadtbild mit
Reklame angefüllt wird, desto mehr stumpfen die Augen seiner
Bewohner gegen die Reklamewirkung ab. Künstlerisch geformte
Werbezeichen werden mehr beachtet als andere, einfach geformte
rascher verstanden als unruhige, solche in wenigen, klaren
Farben wirken stärker als buntscheckige.
ANBRINGUNG.
Werbezeichen müssen sich in Größe und Form dem Straßenbilde und
Gebäude, wo sie angebracht werden, anpassen.
Bei Fachwerkbauten werden sie am besten in die ausgemauerten
Felder so eingeordnet, daß die sichtbaren Konstruktionshölzer
(Ständer, Riegel, Schwellen und Balken) freibleiben.
Wo der Eindruck eines Fachwerkbaues durch Wandschilder gar zu
sehr gestört wird, wird die Behörde Vorstehzeichen gern
zulassen.
Bei Bauten aus Werkstein, deren Wirkung meist wesentlich auf den
Steinflächen und dem dünnen Netz der schmalen Fugen beruht,
werden Schilder und angestrichene Flächen am besten ganz
vermieden und nur gemalte oder Metallbuchstaben unmittelbar auf
den Steinflächen angebracht. Aehnliches gilt häufig auch für
Putzbauten.
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AUFSCHRIFTEN.
Einfache Aufschriften, auf die
Wandfläche in Bemalung oder durch Anbringuug von
Reliefbuchstaben hergestellt, sind billiger und meist weniger
störend als besondere Schilder. Sie lassen sich leicht verändern
oder entfernen.
Grellfarbiger Grundanstrich schädigt meist den Eindruck des
Gebäudes. In vielen Fällen können die Buchstaben ohne besonderen
Hintergrund unmittel-
Neubau in der Herrenstraße zu Ratzeburg.
(Entwurf von Architekt Arp-Ratzeburg.)
bar auf die Fläche aufgebracht werden. Wo ein Grundanstrich
nötig ist, sollte grelles Weiß vermieden werden. Ein getönter
Grund wirkt weniger blendend und läßt darum die Schrift besser
sprechen. Gut ist helle Schrift - sie muß nicht immer weiß sein
- auf dunklem Grunde.
SCHILDER.
Emaille-Schilder und Glastafeln können durch
Steinwürfe leicht verletzt werden und lassen sich nicht
ausbessern. Grellweiße und spiegelnde Flächen sind nicht zu
empfehlen. Holztafeln - am besten abgesperrt aus mehreren
Dickten - werden zweckmäßig durch einfach profilierte Leisten
umrahmt und zugleich gegen Regen abgedeckt.
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Markenschilder zur Anpreisung einzelner Waren
(wie Maggi, Manoli, Müserbräu u. a.) entsprechen keinem lebenswichtigen
Geschäftsbedürfnis und wirken, da sie überall und häufig auftreten können,
abstumpfend und ermüdend auf die Käufer. Besonders verfehlt ist ihre Anordnung
auf Gebäude-Sockelflächen.
VORSTEHZEICHEN.
gkönnen nur in beschränkter Zahl zugelassen
werden und schädigen sich bei gehäuftem Auftreten gegenseitig.
Sie sind aber zu empfehlen, wo bemerkenswerte Gebäude in ihren
Flächen von Werbezeichen möglichst nicht verdeckt werden sollen.
Für künstlerische Gestaltung und gute handwerkliche Durchbildung
bieten sie ein dankbares Feld: Klempner, Schmiede, Schlosser
können an Laternen, Fahnenschildern und Auslegern ihre
Fertigkeit zeigen.
Uebereinanderliegende, Winkel- und mehrfach gebrochene Schilder
können nicht zugelassen werden. Bildzeichen der einzelnen Berufe
(Barbierbecken, Hobel bei Tischlern, Bretzeln bei Bäckern u. a.
m.) werden rascher aufgefaßt als Worte, sind also sehr
werbekräftig. Reklame an Vorgärten und an Garteneinfriedungen
kann nur unter besonderen Bedingungen zugelassen werden.
Schaukästen und Pfeilerschilder müssen in einfachen Formen
gehalten sein, die Kästen schon aus Verkehrsgründen möglichst
flach.
SCHRIFT.
Die Wahl der Schriftform und Größe ist von
entscheidender Bedeutung für die Werbekraft. Einfach stehende
römische (Antiqua-) oder deutsche (Fraktur-) Schrift ohne
Künstelei und Zieraten tut die beste Wirkung. Breite und nicht
zu magere Buchstaben wirken, besonders in der so häufigen
Verkürzung durch seitliche Ansicht, meist besser als schmale,
gequetschte, vergrößerte Handschrift und Kursivschrift; schräge
und gezwungene Wortanordnungen sind im allgemeinen zu vermeiden.
Je mehr Worte ein Geschäft anbringt, desto weniger werden
gelesen. Es ist von größter Bedeutung, daß die Schrift den zur
Verfügung stehenden Raum in schöner Weise füllt oder aber
schmückt.
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