Seit der Auffindung des Münzenschatzes sind
einige Monate vergangen. Sie sind nicht ungenützt geblieben. Die
Münzen liegen gereinigt und säuberlich geordnet in Kästchen und
Tüten da. Heute ist es möglich, eine Übersicht über den Fund zu
geben.
Doch zunächst noch Einiges über die Auffindung und die
Fundstelle selbst! Es war an einem Junitage dieses Jahres, da
pflügte der Dreiviertelhufner Herr Lübcke ein Ackerstück, das
unmittelbar an seinen Hof anstößt. Plötzlich klirrt es wie
Scherben. Er wendet sich um. Er sieht es grünlich unter der
Scholle hervorschimmern. Er bringt die Pferde zum Stehen und
eilt zurück. Und siehe da, er findet einen grauen Topf, dessen
Rand in Scherben da liegt und aus dem grünspanüberzogene Münzen
herausrieseln. Herr Lübcke ist klug genug, den irdenen Topf
vorsichtig zu umwickeln und ihn mit aller Sorgfalt zu heben.
Auch birgt er ihn sicher vor allerlei Begehrlichkeit, da er
darüber belehrt ist, daß der Fund als ein Stück von
Altertumswert zwar abgeliefert werden müsse, daß ihm aber volle
Entschädigung dafür zusteht. Als Herr Studiendirektor Dr.
Lammert und ich wenige Tage später nach Sarnekow kommen, ist
Herr Lübcke sofort bereit, die Münzen dem Heimatmuseum zur
weiteren Bearbeitung anzuvertrauen.
Vorsichtig wird der Topf an Orr und Stelle entleert. Der Inhalt
wird durchgesiebt, die von der Erde befreiten Geldstücke werden
gezählt. Der Geldschatz wandert nach Ratzeburg.
Die Münzen sahen damals betrübend aus. Die meisten waren arg
verkrustet und stark mit Grünspan überzogen. Es bedurfte langer,
vorsichtiger Reinigungsarbeit, um die Silberstücke von Schmutz
und "Patina" zu befreien.
Schon die erste Untersuchung, an der sich der Direktor des
Lübecker Staatsarchivs, Herr Staatsrat Dr. Kretzschmar, in
gütiger Weise beteiligte, ergab, daß die Münzen aus dem Ende des
14. Jahrhunderts stammen und daß sie bis auf wenige Stücke in
den fünf Städten des sogenannten Wendischen Münzvereins, in
Lübeck, Hamburg, Lüneburg, Wismar und Rostock, geprägt worden
sind.
Die allgemeine Münze des frühen Mittelalters war der sogenannte
"Pfennig", ein kleines Silberstück, das Anfangs als dünne flache
Scheibe, später aber in der Form eines winzigen Tellerchens mit
aufgebauchter Mitte geprägt wurde. Man nennt diese
zerbrechlichen, aus dünnstem Silberblech hergestellten Stücke:
Brakteaten oder Hohlpfennige. Diese Münzen, die in den
niederelbischen Städten vom 13. bis zum 16. Jahrhundert
ausgegeben wurden, wogen durchdurchschnittlich 3/10 Gramm. Man
kann sich also vorstellen, daß sie für den Großhandelsverkehr
denkbar ungünstig waren und daß man gerade in den Handelsstädten
den Wunsch hatte, größere und haltbarere Münzen in den Verkehr
zu bringen.
Die Hansestädte hatten aber noch weitergehende Ziele. Im
Mittelalter war es, wie es auch noch in manchen Abschnitten der
Neuzeit geschah, gang und gäbe geworden, daß die Münzherren die
Geldprägung dazu benutzten, ihren Säckel zu füllen. Sie münzten
das Pfund Feinsilber derart aus, daß sie immer mehr Pfennige
daraus prägen ließen, die dann entweder geringeres Gewicht oder
aber eine größere Beimischung unedlen Metalls erhielten. Diese
Münzverschlechterung führte dazu, daß die entwerteten Pfennige
von den Handelsleuten, besonders fremder Staaten, nicht als
vollwertig, sondern nur zu weit niedrigerem Kurswert angenommen
wurden. Die Umrechnung aber machte, zumal immerfort neue Münzen
von immer wieder verschiedenem Silbergehalt geprägt wurden,
unendliche Schwierigkeiten. Und so schlossen sich schon im Jahre
1255 Lübeck und Hamburg in einer Art Münzbündnis zusammen, das
1304/5 erneuert wurde. Und Lübeck war es wiederum, das im Jahre
1340 von allen deutschen Städten zuerst eine Münze von höherem
Wert, und zwar in Gold prägen ließ. Wenige Jahre danach (1347)
hat unsere Nachbarstadt dann auch eine größere Silbermünze, den
sogenannten Wittenpfennig im Werte von 4 Pfennigen schlagen
lassen. Diese Münze, die im Werte dem englischen Sterling sehr
nahe kam, hat sich im norddeutschen, besonders im Ostseeverkehr
eine bedeutende Stellung erobert.
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Phot. A. Hannig, Ratzeburg.
Typische Stücke des Münzenfundes von Sarnekow.
In der OBENSTEHENDEN ABBILDUNG sind der Reihenfolge nach von
links nach rechts folgende Münzen dargestellt:
1. Reihe: Hohlpfennige Lübeck und Hamburg; Witten Lübeck; Hohlpfennige Lüneburg
und Wismar.
2. Reihe: Witten Hamburg, Lüneburg und Wismar.
3. Reihe: Sechsling Lübeck; Dreiling Lübeck; Sechsling Hamburg.
4. Reihe: Dreilinge Hamburg, Lüneburg, Wismar, Rostock.
Von den Witten, Sechslingen und Dreilingen sind - außer bei Rostock - Vorder und
Rückseite wiedergegeben.
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In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts traten die Hansestädte
in immer engere Verbindung miteinander. Ihre gemeinsamen Tagungen wurden immer
häufiger. Und so war es kein Wunder, daß die immer wiederkehrenden Verhandlungen
über die Regelung der Münzverhältnisse bald zur Bildung eines Münzvereins
führten. Nachdem sich schon 1365 und 1373 eine Reihe niederdeutscher Städte zu
losen Münzverbänden zusammengeschlossen hatten, gründeten im Jahre 1379 am
9. Februar die Hansestädte Lübeck, Hamburg und Wismar den
Wendischen Münzverein. "Zur eigentlichen Vereinsmünze wurde", wie ich Wilhelm Jesse's ausgezeichnetem
Buch *) entnehme, "der Wittenpfennig, der penningh von veer pennighen, erhoben,
der zu 176 Stück aus der 13 l/2lötigen Mark, also mit einem Sollgewicht von
1,328
gr ausgeprägt werden sollte".
(Der Hohlpfennig wurde damals mit 576 Stück aus der 9lötigen Mark ausgeprägt.)
Über das Gepräge wurde bestimmt, daß jede Stadt "ihr besonderes Hoheitszeichen
und den eigenen Stadtnamen, aber daneben als gemeinsames Kennzeichen des
Münzvereins auf der Rückseite in der Mitte des Kreuzes ein Rund mit einem
sechsstrahligen Stern" führen sollte. Dieser Stern sollte auch auf der andern
Seite über dem Hoheitszeichen (dem lübischen Doppeladler, der hamburgischen Burg
und dem mecklenburgischen Stierkopf) wiederkehren. Die Umschriften waren
verschieden. Hamburg schrieb: BENEDICTUS DEUS, Lübeck: CIVITAS IMPERIALIS,
Wismar: CIVITAS MAGNAPOILENSIS.
Das Vorbild der drei Städte regte auch die übrigen wendischen Städte zu gleichem
Vorgang an. Als der Münzverein 1381 erneuert wurde, schlossen sich Rostock und
Stralsund an. Ebenso auch Lüneburg, das als Umschrift den Spruch "SIT LAUS
DEO PATRI" wählte.
Ein neuer Rezeß wurde im Jahre 1387 zu Mölln geschlossen. In ihm wurde bestimmt,
daß fortan 180 Stück aus der Mark geschlagen werden sollten. Das Gepräge änderte
man insofern, als jetzt das Rund auf dem Kreuz der Rückseite leer bleiben sollte
("Slichte runde middeme in dem cruce). In der Tat findet sich auf den Witten
dieses Typs meist ein Punkt. - Rostock und Stralsund waren bereits 1384 wieder
aus dem Münzverein ausgetreten. 1389 wurde der Vertrag der übrigen noch einmal
auf derselben Grundlage, erneuert.
Das Jahr 1392 brachte einen neuen Abschnitt der wendischen Münzgeschichte. Die
vier genannten Städte und Rostock, das sich ihnen wieder anschloß, einigten sich
dahin, den Witten zurücktreten zu lassen und dafür zwei neue Münzsorten, die
DREILINGE und SECHSLINGE zu prägen. Beide waren allerdings von Lübeck und
Hamburg schon früher ausgegeben worden. Jetzt aber wurden sie ausdrücklich zu
Münzsorten des Münzvereins erhoben. Sie sollten aus 12lötigem Silber zu
230
bezw. 114 Stück aus der Mark ausgebracht werden, also 1,017 und
2,04 gr wiegen.
Als Gepräge war für beide Seiten das Stadtwappen vorgeschrieben, wobei Wismar
statt des Stierkopfes "een half ossenhovet und enen halwen schilt" verwendete.
Neben diesen Münzen wurde die Prägung von Hohlpfennigen (jetzt nur 558 aus der
9lötigen Mark) wieder aufgenommen. Die Ausgabe dieser kleinen Münze wurde aber
auf 300 Mark für Lübeck und auf 200 für die übrigen Städte beschränkt.
Nach dem Ablauf der sechs Vertragsjahre (1398) wurde zwischen Lübeck, Hamburg,
Lüneburg und Wismar ein neuer Rezeß vereinbart. Dieser bestimmte die
Wiederaufnahme der Wittenprägung, und zwar zu 193 Stück aus der
13lötigen Mark.
Das Gepräge wurde nicht schriftlich festgelegt. Aber Jesse, wie andere
Münzforscher, glauben sicher zu sein, daß dieser Zeit die Witten mit beiderseits
Stadtwappen im sogenannten Dreipaß angehören.
Doch diese Frage hat für uns hier keine Bedeutung, weil sich in dem Sarnekower
Funde keine Dreipaß-Witten befinden. Die sämtlichen Münzen des Fundes stammen
zweifellos aus früheren Prägungen. Es erübrigt sich deshalb auch, an dieser
Stelle die Geschichte des Wendischen Münzvereins weiter zu verfolgen. Die eine
Feststellung mag genügen, daß von 1411 an die Witten so gut wie ganz aus dem
Verkehr verdrängt wurden, daß man später nach
_______________
*) Der Wendische Münzverein. (Quellen u. Darstellungen zur Hansischen
Geschichte. Neue Folge Bd. 6) Lübeck: Hansischer Geschichtsverein
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einander zur Prägung von Schillingen, Mark und Talern überging
und daß der Münzbund sich fortan immer mehr lockerte, bis er 1567 vom
niedersächsischen Münzkreis verdrängt wurde. Am 7. Februar 1569
traten die vier Städte zum letzten Mal zusammen. Sie faßten zwar nicht
ausdrücklich den Beschluß, den Verein aufzulösen, aber nahmen ihm durch Annahme
der Münzkreis-Beschlüsse die weitere Existenzberechtigung. -
Der Sarnekower Münzenfund gibt nun zu dem, was wir über die ersten Jahrzehnte
des Wendischen Münzvereins sagten, die wertvollste Illustration. Er bietet uns
reichlich, überreichlich Belege und wird zweifellos dazu helfen, manches Dunkel
in der Münzgeschichte des ausgehenden 14. Jahrhunderts zu lichten.
Der Fund besteht nach Abzug der vollkommen abgeschliffenen und zerbrochenen,
kurzum der unverwertbaren Stücke aus 2004 Münzen. Die Zusammensetzung ergibt
sich ohne weiteres aus folgender Tabelle:
|
Hohl
pfennige |
Witten |
Sechslinge |
Dreilinge |
Zusammen |
Lübeck ... |
87 |
13 |
89 |
899 |
1088 |
Hamburg ... |
62 |
27 |
5 |
214 |
308 |
Lüneburg ... |
35 |
31 |
- |
244 |
310 |
Wismar ... |
93 |
61 |
- |
132 |
286 |
Rostock ... |
- |
- |
- |
8 |
8 |
Anderer
Herkunft |
- |
2
1) Ostfries
land *)
2) Heinsberg |
- |
2
(Flensburg) |
4 |
Zusammen: |
277 |
134 |
94 |
1499 |
2004 |
Wir ersehen aus dieser Zusammenstellung, daß genau
2000 Stücke aus dem
wendischen Münzverein und nur vier aus andern Münzstätten hervorgegangen sind.
Die Zusammensetzung des Fundes darf also wohl als typisch für den Münzverkehr
unter den Städten des Münzvereins gegen Ende des 14. Jahrhunderts angesehen
werden. Das Zahlenverhältnis der Lübecker, Hamburger, Lüneburger und Wismarer
Münzen zueinander dürfte der handelspolitischen Bedeutung der genannten Städte
entsprechen. Rostock war zeitweise dem Münzverein entfremdet. Seine Münzen
werden daher im Handelsverkehr mit den vier größeren Städten mit einiger
Zurückhaltung behandelt worden sein.
Was nun das ALTER der "wendischen" Münzen betrifft, so ist das der Hohlmünzen
nicht genau anzugeben. Von den übrigen Stücken sind nur 27 vor Begründung des
Münzvereins geprägt. Alle andern, also 1696 Stück, sind nach den Rezessen von
1379/81, 1387 und
1392 geprägt, verteilen sich mithin, da kein Dreipaß-Witten
von 1398 darunter ist, auf eine Entstehungszeit von allerhöchstens
19 Jahren.
Klar ersichtlich ist aus dem Funde, wie das damals überragend mächtige und
reiche Lübeck im Münzwesen des Vereins die Führung inne hatte. Es ließ die
veraltete Wittenprägung am ehesten fallen und prägte in großen Mengen den
gefälligen Dreiling und daneben den großen Sechsling aus. Dabei ist es
______________
*) Die Bestimmung des ostfriesischen Witten verdanke ich dem als Numismatiker
bekannten Herrn Steuerinspektor Dorfmann in Altona. Er erkannte das Stück als
einen Wittenpfennig des Häuptlings Edo Wyncken von Wangerland († 1410). Herr
Dorfmann wird das bisher nicht edierte Stück, wie auch das von Heinsberg, im
Januarheft der "Lauenburgischen Heimat" eingehend behandeln.
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geradezu verblüffend, daß sich in dem Funde neben 89 lübischen
nur noch 5 harnburgische Sechslinge finden und daß andererseits Wismar mit
61
Witten noch ziemlich fest in der vergangenen Münzperiode wurzelt.
Überraschend ist die große Anzahl verschiedener Stempel, die bei den Prägungen
verwendet wurden und die besonders bei den Dreilingen hervortreten. Allein nach
der Umschrift der Vorderseite sind z. B. bei den Hamburger Dreilingen 20 scharf
unterschiedene Varianten festzustellen. Da wird das Moneta Hamburgensis
abgekürzt: Hamburg, Hamburgc, Hamburge, Hamburgen, Hamburges, Hamburgens.
Innerhalb dieser Prägungen aber werden wieder die einzelnen Buchstaben in
verschiedenster Weise miteinander verschlungen. Neben diesen großen
Unterschieden in den Stempeln werden sich aber sicher noch sehr viele von
geringerer Auffälligkeit ergeben. Die Fülle
von Stempeln beweist schlagend, daß der Bedarf an Münzen gerade in diesen
Jahrzehnten des 14. Jahrhunderts außerordentlich groß gewesen ist.
Für die Sammler sei bemerkt, daß sich unter den Stücken auch mehrere
absonderliche FEHLPRÄGUNGEN befinden. Sicher dürfen wir als solche z. B. einen
Lüneburger Dreiling bezeichnen, auf dem der bekannte Wahlspruch: "SIT LAS
DEO PATRII" geschrieben ist oder ein anderer, auf dem CIBITA statt CIVITAS zu lesen
ist. - Vielleicht gehören hierher auch die Wismarer Dreilinge, die - ganz
abweichend von allen übrigen - auf beiden Seiten die gleiche Prägung zeigen,
einmal: MONETA WYSMARI, und das andere Mal: CIVITAS MAGNOPOL.
Rätsel dagegen geben, besonders bei den Dreilingen, die BEIZEICHEN auf, die als
Kennzeichen der neu vereinbarten Prägungen dienten. Es finden sich da nämlich
nicht nur die reinen Typen, wie sie in den Rezessen erwähnt sind, sondern auch
MISCHTYPEN, die in größerer Zahl auftreten und daher keinesfalls als
Fehlprägungen angesprochen werden dürfen. Da finden wir z. B. bei den Lübschen
Dreilingen eine Kombination von Jesse 413 und 414;
d. h. auf der einen Seite trägt der Stadtschild oben drei, auf der andern nur
einen Punkt, während an den Seiten gleichfalls Punkte stehen. Auf einem andern Dreiling finden wir auf der
einen Seite überhaupt kein Beizeichen, auf der andern
nur oben über dem Schild einen einzigen Punkt. Schließlich finden wir bei nicht
weniger als 72 Münzen eine Kombination von Jesse 413 und
415; d. h. auf der
einen Seite das Stadtschild ohne Beizeichen, auf der andern an jeder Seite des
Schildes einen Punkt. - Diese Varianten sind doch wohl kaum der Willkür der
Münzmeister zuzuschreiben, sondern als uns bisher unbekannte Zeichen für ganz
bestimmte Prägungen aufzufassen.
Es ist hier nicht die Stelle, all die Fragen aufzuwerfen oder gar zu
beantworten, die der Sarnekower Münzenfund an uns stellt. Das muß der
eingehenden Untersuchung eines Fachmannes vorbehalten bleiben, dem wir den Fund,
im großen geordnet, übergeben werden. Hier möchte ich nur noch ein paar Worte
darüber anfügen, welche Vermutungen man über die Herkunft des "Schatzes" haben
kann. Das Dorf Sarnekow ist ehemals besonders groß gewesen. Das Zehntenregister
von 1230 gibt an, daß es 28 Hufenstellen gehabt habe. Heute sind von diesen nur
zwei Hufen übrig geblieben. Wahrscheinlich sind die übrigen 26
Bauernstellen im Laufe der Zeit von den Besitzern des adligen Gutes Gudow
"gelegt" worden. Das heißt, die Äcker wurden dem Besitze der Gutsherren zugelegt, und die Bauern
wurden mit oder ohne Entschädigung
von ihren Höfen vertrieben. Diese "Konsolidierung des adligen Grundbesitzes"
fand vorwiegend im 15. Jahrhundert statt, also vor Vergrabung der Münzen. So ist
es durchaus möglich, daß der Schatz gerade an der Fundstelle in unmittelbarer
Nähe eines Bauernhauses verborgen wurde.
Darf man nun annehmen, daß hier ein Bauer sein eigenes Vermögen etwa in
Kriegszeiten vergraben hat? Ich glaube es nicht. Denn der Münzenfund ist so
gleichartig zusammengesetzt, daß er kaum aus den "Spargroschen" eines Landmannes
bestehen kann. Ferner sind die meisten Münzen so wenig abgegriffen, daß man
nicht annehmen kann, daß sie durch viele Hände in den Besitz eines Sarnekower
Bauern gekommen sind. Schließlich ist der Wert des Schatzes für damalige Zeit so
groß, daß er kaum von einem Landmann zusammengebracht sein kann, noch dazu in
einer Zeit, wo die Naturalwirtschaft auf dem Lande noch gang und gäbe war.
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Wenn ich recht sehe, bleiben nur zwei Möglichkeiten übrig.
Entweder bildete der Schatz die Kriegskasse eines Fürsten oder einer Stadt, und
die verhältnismäßig kleinen Münzen sind für Sold- und Fouragezahlungen bestimmt
gewesen. Oder aber, was wahrscheinlicher ist, das Geld wurde einem
durchreisenden Kaufmann abgenommen und bald darauf aus irgend einem Grunde
vergraben. Wenn wir bedenken, daß die Herren des adligen Gutes Gudow noch 1589
einen Hamburger Kaufmann überfielen und beraubten, und zwar mit Hilfe ihrer
wehrhaften Jungknechte, so brauchen wir die Vermutung eines räuberischen Überfalles durch irgendwelche Raubritter oder die von ihnen geführten Bauern an
der Landstraße Lübeck Lüneburg in den rauhen Zeiten des 14.
Jahrhunderts durchaus nicht von der Hand zu weisen. Unterstützt wird sie
jedenfalls durch die Tatsache, daß die Münzen fast sämtlich dem wendischen
Münzverein angehören und somit sehr wahrscheinlich in ihrer Geschlossenheit dem
Handelsverkehr der oben genannten Hansestädte dienten. Auch sind die Münzen zum großen Teile so gut
erhalten, daß die meisten vermutlich nur im Großhandel Verwendung gefunden
haben. Aber es ist wohl müßig, derartige Betrachtungen anzustellen. Die Münzen
sind stumm, und wir werden nie erfahren, welche Menschenschicksale mit dem
Verbergen des Schatzes im Zusammenhang standen.
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