Das vielzitierte "HOLSATIA NON CANTAT" trifft
für Lauenburg bestimmt nicht zu. Diese Landschaft erschließt dem
Sammler immer noch wahre Schätze alter Volkspoesie. Gewiß, die
Sangesfreudigkeit hat auch hier abgenommen. seitdem die
Industrialisierung dem Landbewohner die gläubige Naivität, das
enge Verbundensein mit der Natur nahm, um ihm Wissen zu schenken
und Erkenntnis seiner Lage.
Dennoch wird auch heute noch in unserer Heimatlandschaft
gesungen, zwar nicht wie im sangesfrohen Süden unseres
Vaterlandes bei der täglichen Arbeit; aber bei festlichem Anlaß
vermißt man ungern ein Lied. Träger der Volkspoesie ist hier wie
überall das Landvolk. Slawische und westdeutsche
(Kolonisations-) Einflüsse spielen hier mit und gestatten dem
Forscher, sowohl von stärkerer Musikalität als auch einem
ausgeprägteren rhythmischen Gefühl des Lauenburgers zu sprechen.
Leichter, runder, lebhafter ist die Bewegung bei Tanz und Spiel,
heiterer, frischer und zarter der Ton des Liedes.
Romantische Volkskunde machte das Landvolk nun auch zum Dichter
des Volksliedes. Noch Storm behauptete: "Sie (die Lieder) werden
gar nicht gemacht, sie wachsen, sie fallen aus der Luft, sie
fliegen über Land wie Mariengarn, hierhin und dorthin und werden
an tausend Stellen zugleich gesungen." Das entspricht nun
allerdings wenig den nüchternen Forschungsergebnissen. Die
beweisen, daß jedes Volkslied einem Einzeldichter, meist
städtischer Herkunft, sein Entstehen verdankt. Wie ja auch
Bauernmöbel, Bauerngarten und so genannte Volkstracht nicht
eigentlich dem Lande entstammen, sondern dem jeweiligen
Kulturzentrum einer Zeit, sei es nun Ritterburg, Fürstenhof oder
Kaufmannsstadt. Um der heute immer noch herrschenden
Überbewertung des Landvolkes als Volkslieddichter
entgegenzutreten, ist es wohl angebracht, auch an dieser Stelle
auf die Entstehung des Liedes hinzuweisen. Das "Volk" folgte dem
Geschmack der "Gebildeten" in einem Abstand von ca. 100
Jahren, d. h. was man vor 100 Jahren in der oberen
Kulturschicht sang, eignete sich der Landbewohner erst bedeutend
später an. Er erwirbt das Liedgut für sich und erhält es, aber
er schafft nicht neu. sondern
reproduziert nur. Heute ist die Zeitspanne zwischen
Liedherrschaft in führender Kulturschicht und Aneignung durch
das Volk stark verkürzt; Radio und Plattenmusik vermitteln
schnell. Aber auch heute noch kommt das Lied aus der Stadt, ist
von einem Individualdichter erzeugt. Wie könnte es auch anders
sein, ist doch jedes Lied etwas
Geschlossenes, ein Kunstwerk, ein Abgerundetes! Die früher gern
betonte Namenlosigkeit der Volkslieddichter ist irreführend,
heute kennt man von vielen hundert deutschen Liedern den
"Verfasser". Die Mehrzahl der heute gesungenen Lieder stammt
übrigens aus der sentimentalen Epoche um 1780, in
der man Empfindsamkeit, Schäferidyll und Humanität pries.
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Aber nicht jedes Lied aus der Stadt wird zum
Volkslied. Der Landbewohner in seiner mehr das Gemeinschaftliche betonenden,
unkritischen Art lehnt alles Besondere, rein Persönliche, krankhaft Individuelle
und Übersteigerte ab, er nimmt aus der Flut der Liedproduktion nur das Typische,
das Allgemein-Menschliche heraus. Und nun setzt die Mitarbeit des Volkes am
Werden eines Volksliedes ein. Es streicht und ändert, setzt hinzu oder vergißt,
kurz es zersingt das Individuallied. Auslese, Aneignung und volkläufige
Verbreitung (von Mund zu Mund) machten allmählich das Lied eines Einzeldichters
zum Volkslied. Der Künstler wurde zum Sprachrohr des Volksempfindens, er taucht
unter, aber sein Werk lebt - namenlos.
Das Volkslied von heute nun ist naturgemäß ein anderes als das der
Vergangenheit. Aber wir haben durchaus keine Ursache, über das Aussterben dieses
Volksgutes zu klagen. Wir dürfen es nicht werten am poetischen Kanon des
Mittelalters. Unser modernes Leben mit seiner gesteigerten Technik und
Zivilisation ist eben unendlich komplizierter, männlicher, einseitiger als
damals. Aber nur die Form zerbrach - eine neue ersteht täglich, auch im Lied.
Im Mittelalter schöpfte das Volk unmittelbar aus dem Munde des Dichtersängers,
der seine Lieder unter Begleitung von Harfe, Fidel oder Hackbrett den Rittern im
Burgsaal, den Bürgern in der Schenke oder der Landjugend unter der Linde
vortrug. Die neuere Zeit vermittelte dieses Liedgut durch Fliegende Blätter,
Almanache, Drehorgelsänger und Dorfmusikanten.
Lauenburg teilt seinen Hauptbestand an poetischem Volksgut mit andern
Landschaften Niederdeutschlands, wozu vor allem die Verbreitung durch die sogen.
Fliegenden Blätter beitrug. Diese Art der Liedverbreitung hat die alte Form der
mündlichen Verbreitung fast völlig verdrängt, nebenher geht noch die
Aufzeichnung in handschriftlichen Liederbüchern. Der Drucker spekulierte ganz
geschäftsklug auf das nie erlahmende Interesse des Volkes und kam diesem Hunger
nach neuen Liedern und Schauermären entgegen, indem er zu billigem Preis, Stück
für Stück einen Schilling, diese Blätter ins Publikum warf. Sie dienten also
zunächst der Verbreitung von neuen Liedern. Das Volk zersingt auch dieses
Liedgut, manchmal läßt ein besonders tüchtiger Geschäftsmann diese volksläufige
Form wieder im Druck erscheinen; *) so beeinflussen beide Formen
einander. Verkauft wurden die Blätter besonders auf den Märkten, wo der Händler
von seinem erhöhten Stand aus mit weithin schallender Stimme seine Drucke
anpries: "Vier ganz neue Lieder, das erste fängt also an: Trenne nicht das Band
der Liebe!" oder "Drei neue Lieder! Zusammen ein Schilling! Steh ich am eisern
Gitter." Diese Liedverkäufer nun sangen auch immer wieder das angepriesene Lied
und lehrten dadurch gleichzeitig die Weise (Melodie), die allerdings meistens
einem schon bekannten Lied entlehnt war. Meistens bringt das Blatt auch
_______________
*) Es dürfte interessieren, daß sich der neueste Schlager, der jetzt von
allen Drehorgeln gespielt wird, das schöne Lied "Es war einmal ein treuer
Husar", bereits in einer handschriftlichen Liedcrsammlung unseres Heimatmuseums
findet, die wenigstens hundert Jahre alt ist.
Die Schriftlcitung.
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einen Hinweis auf die bekannte Melodie, nach
der das neue Lied zu singen ist: "Lied von Düppel", nach der Melodie des "Sturm
Marsches von Piefke". Durch solche Anpassung sichert der Sänger seinen Texten
von vornherein die gewünschte Verbreitung. Der Dichter dieser poetischen
Erzeugnisse (deren Kunstwort manchmal sehr mäßig
ist) nennt sich nur selten, doch sind uns mehrere dieser im Solde einer
Druckfirma stehenden Poeten bekannt. Wer kennt nicht "Harten Lena"? Das Blatt
verheißt "Hunger-Ständchen. Parodie auf Herzliebchen unterm Rebendach". Von C.
Hansen. Dieser C. Hansen, der sich stolz Hamburger Volksdichter nennt, ist der
Verfasser vieler
bekannter, meist plattdeutscher Lieder: "Das süße Lenchen" "De verleefte Eduard"
- "Trenne nicht das Band der Liebe", ergänzt und eingerichtet von C. H. - In
ganz Lauenburg ist volksläufig "Von de Herr Pastor sin Koh", dessen Dichter sich
scherzhafterwcise als - Knabe, der das Alphorn blies, nennt. Aus Lauenburg
selbst ist kein Dichter solcher Poeme hervorgetreten, doch zeugt die weite
Verbreitung vieler Lieddruckc in unserer Landschaft von der Beliebtheit solcher
Blattlieder. Als Verfasser seien noch genannt: Georg Küper (Lied von der
Krinoline), Louis Lippmann (Aal, gröne Aal). August Mohr (Hört mal, Lüd, nu kamt
heran), Schneider Eppers aus Hamburg und Goldschmied Evers aus Altona. Von
Literaturgrößen sind vertreten (und beweisen die Vorliebe des Volkes für
Rührseligkeit) Vogl "Das Erkennen", Geibel "Der Zigeunerknabe", Bürger
"Des Pfarrers Tochter zu Taubenhain".
Die weitaus überwiegende Mehrzahl der Liedblätter ist bei J. Kahbrock Ww. in
Hamburg gedruckt und verlegt, andere Druckorte der in Lauenburg besonders
verbreiteten "Fliegenden" sind Hansen-Tönning, Pawelka-Stettin, Kahler-Berlin,
E. Fränkel-Oldenburg i. Holstein, Joh. Bock-Lübeck, H. G. Rathgens-Lübeck, S. W
. Hirt-Plön. Manche Lieder dieser Drucke entstammen Singspielen und Opern: "Der
Mensch soll nicht stolz sein" (Diavolo), "Denkst du daran, mein tapferer
Lagienka" (Der alte Feldherr), "So leb denn wohl, du stilles Haus" (Alpenkönig).
Da die dichterische Schaffenskraft der Poeten nicht ausreichte, griffen sie
häufig zur Anlehnung und Umdichtung, so werden vergangene Ereignisse zeitgemäß
aufgefrischt, allgemein lokalisierte Poesie auf die Heimatstadt übertragen.
Recht beliebt waren die Parodien bekannter Lieder, in denen man vor allem
politische Gegner verspottete, ich zitiere aus Lauenburg nur "Ich bin der
Schlachter Bonapart". An alten, in ganz Deutschland verbreiteten Volksliedern
fand ich u. a.: Es waren zwei Königskinder - Es wollt ein Jäger jagen - Der
Jäger in dem grünen Wald - Es steht ein Schloß in Österreich. Daß besonders
viele Jägerlieder umlaufen, dürfte nicht auffällig sein, ebensowenig ein
Vorherrschen der gefühlsmäßig betonten lyrischen Poesie, wohingegen große
Balladen und strenge Epen fast völlig fehlen. Die ganze Volksdichtung wird
beherrscht von einer gewissen Wald-Märchenstimmung. Allen Blättern fehlt die
Angabe des Erscheinungsjahres. Statt dessen heißt es wohl: Gedruckt in diesem
Jahr. - Diesen Morgen gedruckt. - Vor einer Stunde gedruckt.
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Es ist aber nicht das alte Volkslied, das diese Fliegenden, verbreiten, sondern
das Kunstlied im Volksmunde, das derbdeftige Couplet und die harmlose, manchmal
wertloseb Nachahmung. So wurden diese Drucke die Vorläufer der heute
modernen Zehnpfennig-Hefte, die jedem etwas bringen, neben dem neuesten Schlager
("Wer hat denn die Seife aufs Butterbrot geschmiert?") ein sentimentaler
Schmachtfetzen ("Wer das Scheiden hat erfunden"), dazwischen zweideutige
Couplets, und das alles nur 10 Pfennig!
Die große Mehrzahl der "Fliegenden" ist hochdeutsch, kommt der Verleger dadurch
doch dem Bedürfnis des Volkes entgegen, das sich in seinen Liedern soviel wie
möglich vom Alltag entfernen will und darum auch nach dem Sonntagskleid der
Sprache, d. i. das Hochssdeutsche, greift. Wo allerdings der Dichtersänger
"gemütlich" wird,
wo er Lokalspäße vorsetzt oder komische Situationen beschreibt, benutzt er die
derbdeftige Mundart ("Doris Schwiemler mit de Aal" - "Jette wör en stramme
Deern" - "Dat Iahrmarktfest kümmt nu heran"). In einem vielgesungenen Lied von
einem schönen Bauernmädchen spricht der verliebte Edelmann geziert hochdeutsch,
während die Deern ihn auf gut Platt auf den Schwung bringt.
Das Schleswig-Holsteinische Volksliedarchiv besitzt eine wertvolle Sammlung
solcher "Fliegenden", ich zitiere einige Titel:
FÜNF SCHÖNE NEUE LIEDER.
Das Erste:
ICH STAND AUF HOHEM BERGE.
Das Zweite:
WIR SIND DIE KÖNIGE DER WELT
.
Das Dritte:
EIN STUMMES WEIB, IHR KÖNNT MIRS GLAUBEN.
Das Vierte:
DU MÄDCHEN VOM LANGE; WIE BIST DU SO SCHÖN.
Das Fünfte:
IM MOHRENLANDE GEFANGEN WAR.
----------- * -----------
Erst Gestern gedruckt.
" NEUN ARIEN AUS DER OPER: DAS DONAUWEIBCHEN."
- "FÜNF SCHÖNE GALANTE LUSTIGE WELTL. LIEDER."
"LIEDER FÜR PREUSZEN UND RUSSEN."
- " NEUN ARIEN AUS DEM ZINNGIESZER."
Vierhundert solcher neuesten Lieder erschienen gesammelt als
"Neues gesellschaftliches Liederbuch", u. a. die bekanntesten Volkslieder der
älteren Zeit enthaltend: Marlbrug zieht fort zum Kriege - Es war einmal ein
Gärtner (Miller 1775) - Kommt, ihr Jungfern, helft mir klagen -
Beschattet von der Pappelweide (Voß 1780) - Arm und klein ist
meine Hütte (Wagenseil 1778).
Neben den Liedern wurden durch Fliegende Blätter dann auch die sogenannten
Moritaten verbreitet: Erzählungen von schauerlichen
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Begebenheiten, wie Raubmord. Kindesentführung, Strandung und
dergleichen.
"ZWÖLFFACHER SCHRECKLICHER RAUBMORD, welcher sich am 22. März
1836 in der Stadt Czenstochow in Polen zugetragen hat." - DIE
SONDERBARE ERBSCHAFT, oder Röschen Brand, eines armen Tagelöhnermädchen." - "DIE
SCHÖNE AUGUSTE als Husarenoberst, oder: schändlicher Betrug durch eine Wette.
Eine wahre Geschichte aus der französischen Zeit. Nebst einem dazu abgefaßten
schönen Liede." - "DIE BEIDEN LIEBENDEN, Hermann von Falkenstein, ein armer
Edelmann, und Emma, eines reichen Grafen Tochter".
Besonders beliebt und schnell vergriffen waren naturgemäß jene Liederzählungen,
die blutige Geschehnisse der engeren Heimat berichteten. Diese Moritaten
befriedigen Gemüt und Wissen, bringen neben schlechter Poesie die
ausführlichsten Nachrichten und ersetzen die damals nicht so allgemein
verbreiteten Zeitungen. Die Tat selbst war allen bekannt, aber man wüßte zu gern
Näheres, das Wie und Warum und wie es dem Übeltäter ergangen. Diesem Bedürfnis
kommt das Blatt entgegen:
DES BERÜCHTIGTEN WILDSCHÜTZEN
EIDIG
LEBEN UND TATEN,
IM HANNÖVERSCHEN UND IM HERZOGTUM LAUENBURG,
SO WIE
DESSEN ERMORDUNG
DURCH DIE UNCIVILISIERTEN INDIANER IM WESTLICHEN AMERIKA.
1838.
Dieser Druck, erschien fast immer ohne Angabe des Druckortes,
umfaßt 8 Seiten, wovon drei für ein dreizehnstrophiges Lied
abgehen. "Der Wildschütze Eidig, geboren zu Steinbeck im Hannöverschen im Jahre
1804, ist wegen seiner großen Gewandtheit und List, vermittels welcher er Jahre
lang seine Verfolger täuschte und ihren Nachforschungen entging, leider nur zu
bekannt geworden." Eidig war leidenschaftlicher Jäger, man setzte ihn wegen
Wilddiebstahls in Lüneburg gefangen, er entkam jedoch und trieb sein Unwesen in
der Gegend von Winsen und Harburg, mußte dann eine achtzehnmonatige Karrenstrafe
verbüßen. "Seit dem Jahrs 1831 trieb er zu beiden Seiten der Elbe
sein Unwesen, hauptsächlich aber im Herzogtum Lauenburg. Er war seit der Zeit
ohne festen Wohnort und verbrachte sein Leben fast allein in den Wäldern, die er
nicht anders verließ, als um das erlegte Wild an seine Helfershelfer zum Verkauf
abzuliefern und sich mit Lebensunterhalt zu versorgen." Dann erzählt der Druck,
wie der kühne Eidig sich einem Förster zu erkennen gibt: "Leben Sie wohl! Sie
suchen den Wilddieb Eidig, ich bin es, haben Sie Mut, so arretieren Sie mich!"
Der Förster ward indes blaß vor Schrecken, und noch ehe er sich davon erholt,
war Eidig im Holze verschwunden." . . . . "Im Jahre 1834 ward er
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gleichsam von dem gegen ihn ausgesandten Militair Parforce
gehetzt. Wohl einsehend, daß es unmöglich sei, sich ferner auf die Länge der
Zeit verborgen zu halten, entfloh er nach Bremerlee und ging mit einem
segelfertigen Schiffe nach New-York in Nord-Amerika." Hier siedelte er in der
Wildnis von Connecticut. "Das Schicksal aber hatte beschlossen, ihn hier für
seine früheren Vergehen auf furchtbare Art zu bestrafen." Eidigs Haus wird von
Indianern überfallen und in Brand gesteckt. "Eidig ward von den mit Keulen
bewaffneten Indianern mit wildem Freudengeschrei empfangen und mit einer Keule
tot zu Boden gestreckt." Selbstverständlich folgt diesem ausführlichen Bericht
(den ich sehr gekürzt wiedergebe) eine moralische Nutzanwendung: "Auf diese
schreckliche Weise endigte dieser Mensch, der so lange in seinem Vaterlande den
Landesgesetzen und der Obrigkeit getrotzt und Hohn gesprochen hatte."
Das Lied bringt diese Zeitung nun in Reime, es war außerordentlich beliebt und
verbreitet, wovon u. a. eine von Gustav Friedrich Meyer ausgezeichnete Sage
Beweis ist (Lo'nbörger Dönken S. 17). "Dar ward noch veel Dönken
von em verteilt, op Piepenköpp un Tassen kann 'n sin Bild noch tau seihn
kriegen, un op'n Jahrmarkt hebt bei Nudelkastenlür noch lang von em sungen." Das
ergreifende Lied aber hebt an:
Der Wildschütz Eidig war ein Mann
von seltnen Geistesgaben,
doch wandte er sie immer an
der Menschheit nur zum Schaden.
Zu Steinbeck im Hannoverland
ward einstens er geboren.
Sein Nam' lebt an der Elbe Strand
noch in viel tausend Ohren.
Schon frühe zeigt er viel Begier
Zum Schießen und zum Jagen.
Er schwärmte in dem Forstrevier
umher in ganzen Tagen.
Nahm in dem Dohnweg Vögel aus,
verübte manchen Schaden
und kehrte abends dann zu Haus
mit Beute reich beladen.
Nach mehrern Jahren glückt es dann
zur Haft ihn einzubringen
in Bleckede. Doch er entrann
auch hier, trotz eisern Schlingen.
Ein Steckbrief ward ihm nachgesandt,
den achtet er geringe
und trieb im Lauenburger Land
nur bunter drum die Dinge.
Zuletzt ward er PAR FORCE gehetzt
von Jägern und Soldaten,
und so wußt' er zu allerletzt
nicht anders sich zu raten
als hin nach Bremerlee zu fliehn,
sich auf ein Schiff verdingen
und nach Amerika zu ziehn:
dies sollt' ihm auch gelingen.
Er kam mit ein'gen Leuten an
und lichtete die Wälder.
Baut' sich ein Haus, bestellte dann
mit Korn die eignen Felder.
Doch plötzlich einst in schwarzer Nacht
ward von den wilden Horden
sein Haus mit Flammen angefacht;
man kam, um ihn zu morden.
Den Eidig trifft der Keule Schlag,
er sinket hin mit Beben.
Nicht ferner sieht er mehr den Tag,
aus ist sein ruchlos Leben. -
O Menschen, wandelt jederzeit
den Weg der reinsten Tugend.
Folgt dem Gesetz der Obrigkeit
und lehrt dies eurer Jugend. |
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