Volksaberglauben. Zu dem im Aprilheft
mitgeteilten Brauch, in der Frühe des zweiten
Weihnachtsfeiertages einen Hund oder eine Katze durch das Wasser
der Pferdetränke zu ziehen, bevor die Pferde herausgelassen
werden, wurde mir berichtet, daß außer Katze und Hund auch eine
glühende Kohle verwendet wurde.
- In der Johannisnacht (24. Juni) durfte
kein Kleidungsstück über Nacht im Freien liegen bleiben. Blieb
z. B. eine Melkschürze in dieser Nacht draußen liegen, so wurde
sie von niemandem angerührt und mußte verrotten oder eingegraben
werden. Denn in dieser einen Nacht schwirrte der fliegende Krebs
umher und setzte sich auf die liegengebliebenen Kleidungsstücke,
besonders auf weiße Wäschestücke; wurden diese Stücke darnach in
Benutzung genommen, so erkrankte der Träger am Krebs. Mein
Gewährsmann hat beim Torfstechen im Moor einen fliegenden Krebs
(etwa im Jahre 1884) selbst gesehen: "er sah aus
wie ein ordentlicher Krebs, war aber weich und nicht so hart,
wie ein Krebs; von Farbe war er rötlich". Mit der Hand angefaßt
hat er ihn nicht, aber mit einem Stock berührt. Der Krebs stack
ziemlich tief in der Erde. Meine Vermutung, daß es ein
Hirschkäfer gewesen sein könne, wurde abgelehnt, freilich war
dieser Käfer ihm gänzlich unbekannt. - Am Johannistage findet
man unter der Wurzel des Beifuß eine glühende Kohle. Mein
Gewährsmann hat als Knabe nachgegraben und auch eine Kohle
gefunden: "Glühend war sie ja gerade nicht mehr!" - Bei gewissen
Kätnersleuten wurden die Schweine nie schwerer als 80,
90 Pfund, starben auch oft. Als die Kätnerfrau
eines Tages in der Tür steht, kommt ein Zigeunerweib vorüber und
sagt: "Nehmen Sie DAS doch von der Türschwelle, ich kann sonst
nicht in Ihr Haus kommen!" "Ich sehe nichts", erwidert die
Kätnerfrau. "Doch, doch! holen Sie ein Ei und werfen Sie es auf
der Schwelle entzwei!" Als das geschehen, konnte die Zigeunerin
ins Haus treten und gab als Mittel gegen das herrschende
Mißgeschick an, die Federkopfkissen aufzutrennen und etwaige
Federkränze herauszunehmen und zu verbrennen. Es fanden sich
auch wirklich Federkränze. Sie wurden verbrannt, und von da ab
wurden die Schweine gut fett und starben nicht mehr. Hätten aber
die Federkränzchen sich schon zu einer Kette verflochten gehabt,
dann wäre keine Rettung mehr möglich gewesen.
S. SCHELLBACH.
1930/3 - 110
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