Am 16. Dezember 1585 schließen sich
Ritter- und Landschaft unter dem Namen "Union" zusammen. Das Dokument, zwei
Bogen Pergament, die mit einer schwarz-goldenen Schnur geheftet sind, bildet den
kostbarsten Besitz unseres Landesarchives. Es ist unterschrieben von Herzog
Franz und 36 Mitgliedern der Union der Ritter- und Landschaft,
deren 37 Siegel in Wachs mit derselben Schnur verbunden sind, mit
der die Bogen geheftet sind. Wir finden dort die noch heute gut erhaltenen
Siegel von Herzog Franz, seinem Kanzler Hieronymus Schultz, Friedrich Aepinus,
Heinrich Rantzau, 4 Bülows, 3 Lützows, 3
Perkentins, 2 Wackerbarths, 2 Schacks. 2
Scharpenbergs, 1 Knesebeck und 1 Daldorf.
Am 6. Januar 1586 erkennen Bürgermeister und Rat der
Städte Lauenburg und Ratzeburg die "Union" in allen Punkten an, "als ob es von
Worten zu Worten hierin spezifiziert und ausgedrückt würde". Am 19.
September 1618 ist diese "Union" von 1585 im Domhof
von Ratzeburg voll den erschienenen Mitgliedern der Ritter- und Landschaft zur
Verteidigung ihrer Privilegien und Rechte nochmals bekräftigt und durch eine
Urkunde mit 18 Unterschriften besiegelt und unterschrieben worden.
Zu Aeltesten werden gewählt: Hartwig von Perkentin zu Zecher, Ulrich von
Wackerbarth zu Kogel, Otto von Schack zu Gülzow und Joachim von Bülow zu Gudow
und Wehningen. Diese vier Aeltesten sollen mit einem "Advokaten" einen ständigen
Ausschuß bilden und berechtigt sein, in allen Fällen im Namen der Ritter- und
Landschaft zu handeln "als wär ein jeder zu jeder Zeit persönlich mit an und
dabei gewesen". Zum Schluß weisen die Unterzeichneten den Vorwurf der
"ungebührlichen Aufwiegelung" gegen den Landesherrn zurück und erklären nur "zur
Manutenenz vielgedachter Union, Erhaltung ihrer Freiheit und Privilegien, deren
Defension und Ablehnung ihnen dauernd auferlegter Beschwerden" zusammengetreten
zu sein.
Im Jahre 1770 ging nun zum ersten Mal ein Gut, und zwar Niendorf,
durch den Verkauf des Herrn von Hövell an den Amtmann Nanne in bürgerliche Hände
über. Hierdurch wurde zwischen die Besitzer adlicher Güter, denen gewisse
Privilegien anhafteten, ein Konfliktstoff eingeimpft, der z. B. bei den Wahlen
der Landräte in späteren Jahren sich geltend machte. Im Jahre 1790
bei einer solchen Wahl wird gegen das Verlangen bürgerlicher Besitzer von
adlichen Gütern, sich an der Wahl zu beteiligen, Einspruch erhoben: "Seit
100 und mehr Jahren ist kein Lauenb. adliches Gut, es sei Lehn oder
Allodium, in bürgerlichen Händen gewesen, bis etwa vor 20 Jahren
Nanne das Guth Niendorf von Herrn von Hövel und Gerhard Karl das Guth
Schenkenberg vor 10 Jahren von Herrn von Wetken kauften: denn die
Güter Bliestorff, Castorff,
Rondeshagen und Grinau sind erst 1747 Lauenburgisch geworden. Es
kann also kein Fall vorhanden sein, daß ein Bürgerlicher jemals seine Stimme zur
Landraths-Wahl gegeben, denn ich zweifle, daß Herr Schuldt und Karl bei der Wahl
des Landraths v. Schrader ihre Stimme gegeben, und die 4 Güther,
die 1747 Lübeck an Lauenburg abgetreten, haben sich bis neuerer
Zeit geweigert, in das Corps der Lauenb. Ritterschaft zu treten, bis neulich der
Herr v. Rumohr sich dazu bequemte. Da also die Bürgerlichen noch nie in den
[sic!] Besitz des Stimmenrechts gewesen, so kann
man auch nicht sagen, daß sie ein Recht oder Anspruch bei solchen Wahlen gehabt
oder haben. - ad 2) ist in Ansehung der Landes-Receßmäßigen
Gerechtsame und der Landständischen Rechte, kein Unterschied unter Lehn- und
Allodial Güthern."
Jener in dem Schreiben erwähnte Herr von Rumohr wird dann auch 1790
zur Wahl mit vorgeschlagen und an den Landmarschall v. Bülow besonders
empfohlen. Aber die bürgerlichen Gutsbesitzer adlicher Güter werden von der
Beteiligung an der Wahl durch v. Bülow ausgeschlossen:
"Ew. Wohlgebohrnen haben mir mittels deroselben Schreiben vom 20.
v. M. eine Wahl Stimme wegen dero Gut Niendorf zu der auf den 13.
d. M. angesetzten Wahl eines dritten Landraths im hiesigen Herzogthum zugehn
lassen, indessen kann ich nicht unangezeigt lassen, daß davon bei solcher Wahl
kein Gebrauch gemacht und mithin nicht übergeben werden können, da nach denen
bei der
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"Ewige Union" der Lauenburgischen Ritter- und Landschaft vom
16. Dezember 1585.
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unirten Ritterschaft des hiesigen Herzogthums feste stehenden Principiis und dem
steten Herkommen nach, zur Wahl ernes Landraths nur die Vota derjenigen Besitzer
adelicher Güter zugelassen werden, welche in der bekannten Union der
Ritterschaft ausgenommen zu werden fähig sind, und in dieser Union würcklich
aufgenommen worden, und solche unterschrieben haben; nur bei der Wahl eines
Landschaftlichen Einnehmers findet die Stimme von einem jeglichen Gut um deshalb
statt, weil dessen specielle Interesse in Ansehung der von dem Einnehmer wegen
Aufbewahrung der landschaftlichen Gelder zu leistenden Sicherheit dabei in
Betracht kommt.
Daß übrigens die Currenden, in welchen der Wahlconvent angesetzt worden, auch
mit an deroselben Gut Niendorf gelanget, und darauf benannt gewesen, hat den
einmal bestimmten und gewöhnlichen Umlauf der Currenden zur Ursache, immaßen
deren Umlauf, wenn auch der Inhalt vorkommenden Umständen nach nicht einen jeden
interessirt, nicht verändert werden mag. Ew. Wohlgebohren habe ich meiner
Pflicht gemäß, hievon zu benachrichtigen keinen Umgang nehmen dürfen, der ich
sonst in aller Hochachtung beharre Ew. Wohlgebohrnen ergebener Diener, gez. v.
Bülow. Gudau d. 14. Decbr. 1790."
Zu einem offenen Konflikt kommt es 1803, als die Herren Dr.
Lamprecht, Berckemeyer und Dr. Wehber in Vollmacht von Magd. Schuldt an den
Landmarschall von Bülow das Verlangen stellen, sich zwecks Ausübung der Rechte,
die sie mit ihren Gütern erworben zu haben behaupten, an der Versammlung der
Landstände teilzunehmen wünschen: "Bei den jetzigen äußerst dringenden Umständen
haben wir, wie gewöhnlich, die Einladung erhalten auf dem, auf den 29.
d. M. angesetzten Convent der Landstände zu erscheinen. Da es hiebei nicht
allein auf dasjenige ankömmt was unsere ritterschaftlichen Güter und unsere
Unterthanen anlangt, sondern auch auf unsern Geldbeutel, so halten wir es für
nothwendig, auf die Ausübung der Rechte, die uns als Besitzern
ritterschaftlicher Güter gebührete, bestehen zu müssen, und bei der auf morgen
angesetzten Versammlung, sowie in der Folge jederzeit erscheinen und unsere
Gerechtsame wahrnehmen zu dürfen, und den Verhandlungen beizuwohnen. Die an uns
allezeit gelangenden Einladungen zu den Conventen zeigen die unbestrittene
Befugnis, dabei erscheinen zu dürfen, ganz unwidersprechlich. Wir erbitten uns
hierüber eine bestimmte Antwort an unsern Mitstand den Herrn Berckemeyer auf
Groß Thurow aus. Sollte uns wider Vermuten der Zutritt fernerhin verweigert
werden, so sehen wir uns genötigt für uns und unsere Güter gegen alles dasjenige
in bester Form Rechtens zu protestiren, was zu unseren und unserer Güter
Nachtheil bewilliget, beschlossen und ausgemacht werden möchte."
Von der Versammlung selbst gibt folgende Beschwerde einen lebhaften Eindruck:
"Sowie es jedem Eingesessenen eines Landes höchst wichtig sein muß von den
Verhältnissen desselben unterrichtet zu sein, so ist dieses in einem noch weit
höheren Grade der Fall mit denjenigen, welche durch ihre Besitzungen an dem Wohl
und Wehe dieses Landes wesentlichen Antheil nehmen und zugleich dadurch das
Recht besitzen, zu den Beratschlagungen über das Beste desselben zu concuriren.
Der 15. § des Lauenburg. Landes-Recesses sichert jedem, der durch
seine stimmfähige Besitzung hiezu das Recht hat sessio & votum zu.
Nichtsdestoweniger und da sich im ganzen Landes-Rezeß keine Silbe findet,
wodurch solches begründet wird, und sich auch nur einigermaßen rechtfertigt,
wodurch die bürgerlichen Besitzer stimmfähiger Güter von der Theilnahme über die
Berathschlagungen über das Beste des Landes, woran sie für sich und ihre
Unterthanen einen ebenso wesentlichen Antheil nehmen, gänzlich ausgeschlossen
und den Beschlüssen als Nichttheilhaber unterworfen, unter dem Einwande als ob
die Aufnahme in einer von dem Adel errichteten sogenannten Union durchaus
erforderlich sei, um das unsern Gütern zustehende Stimmrecht auszuüben, und die
Berathschlagungen über das Beste des Landes beizuwohnen, wird auch uns der
Zutritt bei den Conventen der Landstände verweigert. Eine von dem Adel zum
offenbaren Präjudiz der bürgerlichen Güterbesitzer errichtete Vereinbarung,
wodurch dieselben der Willkür des Adels unterworfen werden, die ihren Gütern
zustehenden Rechte auszuüben, und die, soviel uns bekannt ist, durch keine
landesherrliche Ratification vim legis erhalten hat, kann uns die Ausübung der
unsern Gütern anklebenden Rechte in keine Wege rauben.
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Bei der für uns und unsern Unterthanen äußerst wichtig und bedenklichen Lage der
Umstände glauben wir mit Recht, uns nicht länger von der Ausübung der unsern
Gütern zustehenden Rechte ausschlißen lassen zu dürfen und wollen bei der auf
den 29. d. M. angesetzten Zusammenkunft der Landstände uns mit
einfinden.
Wir erklärten dieses am 28. d. M. schriftlich unserm hochverehrten
Herrn Landmarschall mit der Bitte, uns hierauf mit einer Antwort zu versehen.
Wir thaten dieses, um nicht durch eine unerwartete Erscheinung
Unannehmlichkeiten zu veranlassen. Da wir keine Antwort erhalten hatten, so
nahmen wir dieses für eine stillschweigende Einwilligung und begaben uns zur
Versammlung, wozu auch wir, wie jederzeit durch die gewöhnliche Currenden uns
als eingeladen ansahen. Mit nicht geringem Erstaunen mußten wir aber bemerken,
daß unser Landsyndicus äußerst entrüstet und erklärte, wir könnten und würden
nicht zu der Versammlung zugelassen werden, er würde kein Protokoll eröffnen,
solange wir gegenwärtig wären, wir sollten uns categorisch erklären, ob wir
weichen wollten oder nicht! Er würde die Versammlung nach seinem Hause
führen, wo wir solche nicht verließen: unser Begehren sei revollutionär, die
Currenden mit der Einladung zu den Versammlungen der Landstände gelangten blos
an uns, um solche durch unsere Unterthanen weiter zu befördern.
Es ist überflüssig das Herabwürdigende dieser Äußerung aus dem Munde des
Landjyndici ohne scheinbare Theilnahme der versammelten Landstände
auseinanderzusetzen, der Commentar dazu ist leicht gemacht. Ew. Exellenzen und
Hochwohlgebornen überlassen wir das Urtheil hierüber gäntzlich. Da wir aber als
Besitzer sitz- und stimmfähiger Güter nicht glauben, uns mit jenen Äußerungen
des Landsyndicus abfertigen lassen zu dürfen, so verlangten wir jene Abweisung
schriftlich, und da uns diese verweigert wurde, die ausdrückliche Erklärung, daß
er, der Landsyndicus, solches blos auf Order der versammelten Landstände zu
geben habe; worauf wir zur Antwort erhielten: Er würde sein Wort nicht unmündig
machen - und die Gründe dazu der Versammlung vorzutragen wissen. - Hierauf
ersuchten wir unsern würdigen Herrn Landmarschall, indem wir doch lieber durch
ein Mitglied der hochansehnlichen Versammlung, als blos durch deren Officianten
unterrichtet zu sein wünschten, uns zu erkennen zu geben, ob jene Erklärung als
ihre Gesinnung von uns anzunehmen wäre. Derselbe erwiederte: Die Zeit habe ihm
nicht erlaubt, unsere Anfrage unterm 28. früh genug zu
beantworten, er habe indessen unser Verlangen zu Protokoll nehmen lassen. Ohne
aber in die Union ausgenommen zu sein, könnten wir den Versammlungen nicht
beiwohnen. Die Aufnahme hierin hätten wir nachzusuchen, worauf sodann darüber
unter ihnen würde votirt werden. Für seine Person habe er zwar nichts dawieder,
allein er habe nur eine Stimme.
Wir erklärten hierauf, es sei keineswegs unsere Absicht, der Beratschlagung zu
turbiren, allein wir hielten dafür, daß uns als Besitzern sitz- und stimmfähiger
Güter es zukomme, die Rechte unserer Güter auszuüben, wobei der Adel den
Bürgerstand in keine Betrachtung kommen könnte. Die von unsern Landesherrn
zugestandene Fähigkeit des Bürgerstandes, ritterschaftliche Güter besitzen zu
können, hätte die Befugnis, die Rechte dieser Güter auszuüben, zur natürlichen
Folge. Diese Befugnis auszuüben könne keiner willkürlichen Stimmung des Adels
unterworfen sein, und keine Union desselben die Ausübung der unsern Gütern
anklebenden Rechte von ihnen abhängig machen. Da wir aber zu den
Beratschlagungen nicht zugelassen werden sollen, noch es erhalten können, daß
ein Protokoll eröffnet wurde, so wollten wir eventualiter gänzlich alles, was
etwa zu unserem, unserer Güter und unserer Unterthanen Nachtheil oder auf deren
Kosten beschlossen werden möchte, in bester Form Rechtens protestiren. Hierauf
nahm der Landsyndicus sogleich wieder das Wort und sagte: daß er uns schon durch
Zwangmittel zur Erfüllung dessen anzuhalten wissen würde, was ausgemacht und
beliebt werden möchte. Worauf wir erwiederten, daß wir solches erwarten müßten.
- Aus diesen Umständen, und da wir nichts so sehr wünschten, als
auch dadurch die Rechte unserer Güter uns zustehender Theilnahme an den
Berathschlagungen der Landstände zum Besten des Landes mit unsern geringen
Einsichten und Kräften thätigst mitzuwirken, sehen wir uns gedrungen, an Ew.
Exellenz und Hochwohlgeboren uns zu wenden. Die Natur der Sache begründet unser
Verlangen. Der Landesreceß wiederspricht demselben in keinem Stücke, die Stimme
des Landstandes ruht auf das Gut und klebt nicht an der Person.
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Da der Bürgerliche zu dem Besitze solcher Güter zugelassen, da er zu Lehnsmann
angenommen wird, wie kann er von der Ausübung der damit verbundenen Rechte durch
den Adel ausgeschlossen werden. Keine unter sich errichtete Union kann ihm
dieses Recht geben. Die Befugnis des Bürgerlichen seine Gerechtsame auszuüben,
kann nicht einem Stimmrecht des Adels unterworfen werden, wovon sich das
Resultat sehr leicht im Voraus würde berechnen lassen.
Die an uns gelangte Citation zu den Conventen als Besitzer sitz- und
stimmfähiger Güter kann nicht blos geschehen um als Briefbesteller des Adels,
wozu unser Landsyndicus es herabzusetzen gemeint ist, angesehen zu werden. Nein,
sie liegt in dem Rechte unserer Güter. Der bürgerliche Gutsbesitzer kann nicht
seinen Bauern gleichgesetzt werden, um nicht dasjenige zu leisten, was der
Edelmann über ihn beschließt.
Das Interesse des bürgerlichen Landstandes ist für sich und seine Unterthanen
nicht geringer mit dem Besten des Landes verwebt, als das des Adelichen.
Hingegen sind die Verhältnisse des erstern oft weit weniger gebunden für das
Beste des Landes frei zu streben als die des letzteren. Sollte der Bürgerliche
dieses seines Standes wegen von den Beratschlagungen über das Beste des Landes
auszuschließen sein, so wäre der Fall denkbar, daß durch die vermehrte Anzahl
der bürgerlichen Gutsbesitzer das Wohl des Landes und aller dieser Landstände
von einer sehr geringen Anzahl abhängig würde, ein Druck, der doch nicht zu
dulden sein würde. Ja es wäre wohl möglich, daß die ritterschaftlichen
Landstände gänzlich aufhörten. Warum sollte auch der bürgerliche Landstand,
dessen Güter sich oft in einem weit mehr verbesserten Zustande
befinden als die der Adelichen, und der mithin zur Landesverbesserung weit mehr
beiträgt, weniger Rechte haben und unfähiger sein, für das Beste des Landes zu
denken, zu urtheilen und zu handeln als der adeliche Landstand? Warum soll der
bürgerliche Landstand als Unterthan der Adelichen behandelt werden? Der
Landesreceß giebt hiezu kein Recht. Eine angemaßte Vereinbarung des Adels aber
kann denselben dies Recht nicht verschaffen. An Ew. Exellenz und Hochwohlgeboren
ergehet demnach unsere ebenso gerechte als gehorsamste Bitte durch einen Erlaß
an die hochansehnliche Ritterschaft und Stände, uns als bürgerlichen Landständen
die ungehinderte Ausübung des unsern Gütern zustehenden Sitz- und Stimmrechtes
bei allen künftigen ordinairen sowohl als extraordinairen Landtagen
hochgewogenst zuzusichern."
Zu den besonderen Rechten dieser Güter gehört u. a. auch die Ausübung der hohen
und niederen Gerichtsbarkeit. Sie dient zur Aburteilung der "Unterthanen" bei
Anlässen von Schlägereien. Diebstahl, ungebührlichen Verhaltens gegen den
Verwalter oder die Gutsherrschaft usw. Ferner werden Räumungs- und
Alimentationsklagen, solche in Erbschaftsangelegenheiten oder
Zahlungsschwierigkeiten irgendwelcher Art vorgebracht usw. Als anschauliches
Bild solcher Gerichtstage folgen hier zwei Protokolle aus den Jahren 1731
und 1732:
"Actum Niendorf, den 9. November 1731.
Es erscheint der alte Jochim Baas aus Goldensee auf geschehener
Citation und ist aus nachfolgende Punkte befraget worden:
1. Ob nicht ein Bernbaum außerhalb seines Hofes in der Freiheit stünde?
- Antwort: Ja, es stünde ein Bernbaum nahe an seinem Hause im harten Wege.
2. Ob ihm nicht im Nahmen seiner Obrigkeit verboten worden, diesen
Baum zu schütteln bei 2 rthlr. Strafe? - Antwort: Ja, er hatte
aber nicht gemeint, daß es rechter Ernst; wäre auch zu zweien Mahlen nach
Niendorf gegangen in der Meinung, seine Obrigkeit bittlich zu ersuchen, ihm zu
erlauben, diesen Bernbaum zu schütteln, weilen er denselben von anher zu seinem
Gebrauch gehabt. Weilen aber seine Herrschaft verreist gewesen, hätte er solches
nicht ausrichten können.
3. Ob er ihn denn nicht schütteln lassen? - Antwort: Ja, es wäre
sein jüngster Sohn in seinem Abwesen darauf gestiegen und hätte, nachdem die
meisten bereits herunter gewesen, den Rest abgeschüttelt.
4. Ob er denn künftighin des Schüttelns sich enthalten oder im
Fall es geschähe, doppelt Strafe erlegen wolle? - Antwort: Ja, er wolle sich
künftig hin des Schüttelns enthalten."
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"Actum Niendorf am Schallsee, den 13. Nov.
1732.
Als dem Beklagten Hans Groten ans Goldensee vi decreti v.
26. IX. a. c. auferleget worden, den klagenden Verwalter
Johann Bolten eine gerichtliche Abbitte zuthun, worbei die verwirckte
Leibesstrafe reservieret worden. So ist auf vorgängiger Ladung erschienen Herr
Johann Bolten und dann auch Hans Grote. - Es ward ihm eröffnet, wie daß er sich
laut des gehaltenen allegirtem protocolli gegen den Verwalter sehr vergangen,
und er daher schuldig, demselben eine gerichtliche Ehrenerklärung zu thun, zu
welchem Ende Sr. Hochwohlgebohren Herr Etats Rath Gotthard von Hövell heutigen
Gerichtstag angesetzet, als wolle man den dahmals ergangenen Bescheid wiederholt
und ihm auch nochmahls anzeigen, wie er sich auf Ostern nach einer andern
Wohnung umzusehen, übrigens aber die gerichtliche Abbitte gewärtigen. Hans Grot
machte allerhand Einwendungen, endlich aber reicht er dem Verwalter die Hand und
bat ihm um Vergebung. Ferner Resolutio: Es ist Hans Grot wegen seines verübten
Excesses mit dem gewöhnlichen Instrument der Jungfer [Halseisen] mit 2stündiger
Schließung zu belegen. Als ihm nun dieses eröffnet worden, so ist der Schließer
Hinrich Scharnweber vorgefordert und darzu befehliget worden. Die Uhr war
10 1/4. Hora 12 1/4 ist er wiederum losgeschlossen und
sich künftig besser aufzuführen, auch gegen den Verwalter kerne Rache zu üben
bei nachdrücklichster Strafe verwarnt worden."
Interessant ist es, daß die Verurteilung zum Halseisen noch 1806
aus Anlaß einer Schlägerei zwischen zwei Knechten ausgesprochen wurde. Die Höhe
der Geldstrafe im Falle des Birnbaumschüttelns ist auffallend und weist darauf
hin, daß das Privileg der Gerichtsbarkeit auch aus finanziellen Gründen
beachtlich war.
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