Das Gebiet zwischen Lauenburg und Ratzeburg
wird durchzogen von Endmoränen, die einen Teil der sich von
Nordschleswig bis ins Baltikum erstreckenden
Endmoränenlandschaft darstellen.
Im Süden Lauenburgs ist
es ein Endmoränenzug, der sich von Greven-Camin über Gresse,
Boizenburg, Lauenburg, Tesperhude, Geesthacht bis in die Gegend
von Friedrichsruh erstreckt (s. Karte 1). Zwischen Lauenburg und
Geesthacht erreicht dieser Höhenzug eine beträchtliche Höhe von
über 80 m und bildet hier das Steilufer der Elbe.
Im
Norden läßt sich ein gewaltiger Zug von Zarrentin über Gudow
(Segrahner Berg mit Blockpackung), Grambeker Bauertannen,
Grambeker Holz (Blockbestreuung), Lehmrader Tannen (Blöcke), Auf
dem Steinfelde (ö. Mölln ), Brunsmarker Tannen, Auf der Heide,
Schmilauer Zuschlag (Hirschberg), Höhe 48,6 südl. Schmilau bis
zum Dänenberg am Küchensee verfolgen.
Nordöstlich von
Fredeburg (Großer Dänenberg) setzt ein neuer Moränenzug an, der
zunächst in nordsüdlicher Richtung verläuft. Zu ihm gehören der
Pragger Berg, die Höhen im Ankerschen Ziegelbruch,
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die Höhen westlich Marienwohlde und
Alt-Mölln, bei Niendorf und Woltersdorf. Hier biegt der Zug in
die westliche Richtung um, in der er über Talkau, Gr.
Schretstaken, Basthorst (Klinkenberg) bis Dahmker verläuft. Er
biegt dann wieder um in die Nordrichtung und läßt sich bis
Sirksfelde (Blatt Nusse) verfolgen. In der Hahnheide
erreicht er seine gewaltigste Höhe (Hahnheider Berg: 97,8 m).
Diesem Endmoränenzug ist ein Sandur (Schmelzwassersandebene)
vorgelagert, der sich zwischen Pötrau, Lauenburg und Greven,
Boizenburg, nach Süden fallend, bis an die Elbe vorschiebt.
Dieser Sandur, der einen großen Teil des Gebietes zwischen dem
nördlichen und südlichen Endmoränenzug einnimmt, überdeckt
teilweise die Grundmoräne der älteren, südlichen
Moränenstaffel.
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Zwischen den Oberflächenformen der beiden
Endmoränengebiete des nördlichen und südlichen Lauenburgs
bestehen nun grundlegende Unterschiede. Diese Unterschiede sind
solcher Art, wie sie K. Gripp in seiner Arbeit: "Über die
äußerste Grenze der letzten Vereisung in Nordwest-Deutschland"
(2) 1) beschrieben hat. K. Gripp unterscheidet dort
Akkumulationsformen und Erosionsformen. Er schreibt auf Seite
188: " In der ersten Gruppe überwiegen in hohen und höchsten
Anteilen die Formen (Oberflächenformen), die das Inlandeis bei
seinem Abschmelzen zurückließ. In der zweiten Gruppe jedoch sind
nahezu ausschließlich jene Formen vorhanden, die entstehen, wenn
ein Diluvialgebiet sehr lange Zeit oder in sehr starkem Maße der
Abtragung ausgesetzt blieb.".
Im Gebiet zwischen
Ratzeburg und Lauenburg sind diese beiden Landschaftsformen
vertreten. Im Norden finden wir unruhige Formen, abflußlose
Wannen und zahlreiche Seen, im Süden dagegen ruhige, zerflossene
Formen; abflußlose Wannen und Seen fehlen.
In einem
Gebiet, das um eine Vereisungsperiode älter ist, haben die
nivellierenden (abtragenden) Kräfte länger und vor allen Dingen
unter anderen, für ihre Tätigkeit günstigeren Bedingungen
gewirkt, als in einem Gebiet der letzten Eiszeit. 2) Die Gebiete
der letzten Eiszeit waren, da die Nacheiszeit erosionsarm ist,
weniger den einebnenden Kräften ausgesetzt, als die Gebiete der
vorletzten Eiszeit. So ist es zu erklären, daß zwischen den
Landschaften der vorletzten und der letzten Eiszeit erkennbare
Oberflächenunterschiede bestehen. Die Grenze zwischen den beiden
Landschaften, Jungmoränen- und Altmoränenlandschaft, ist die
morphologische Grenze.
Wie schon bemerkt ist die
Landschaft um Ratzeburg mit ihrer unruhigen Form eine
Jungmoränenlandschaft. Sie verdankt ihre Entstehung der letzten
Eiszeit. Das Gebiet um Lauenburg ist während der vorletzten
Eiszeit entstanden, ist also, wie K. Gripp gezeigt hat, in
starkem Maße den nivellierenden Kräften ausgesetzt gewesen. Die
unruhigen Oberflächenformen sind durch Bodenfließen während der
letzten Eiszeit eingeebnet worden.
Für das engere und
weitere Gebiet, mit dem sich diese Arbeit beschäftigt, verläuft
die Grenze zwischen Altmoränenlandschaft (südl. d. Gr.) und
Jungmoränenlandschaft (nördl. d. Gr.) folgendermaßen: Zarrentin,
Segrahner Berg, Besenthal, Bergholz (a. d. Bl. Zarrentin und
Gudow), Roseburg, Wotersen, Kankelau (Bl. Siebeneichen),
Basthorst [Klinkenberg und Kuckucksberg], Kasseburg, Grande,
Granderheide, Gut Heinrichshof (Bl. Schwarzenbek).
Die
von C. Gagel (1, S. X) als jungdiluvial bezeichnete "Südliche
Außenmoräne" (Greven-Camin, Lauenburg, Friedrichsruh) ist also
nach den Untersuchungen von Gripp altdiluvial. Nach der
Auffassung C. Gagels war das Eis der letzten Eiszeit mindestens
bis zur heutigen Elbe vorgerückt.
Wir können somit für
das Gebiet zwischen Lauenburg und Ratzeburg folgendes Schema
aufstellen:
________________
1) S. Verz. der
angeführten Arbeiten. 2) S. K. Gripp 4.
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I. VORLETZTE EISZEIT. a) Bildung der
"Südlichen Außenmoräne" als letzte Staffel der vorletzten
Eiszeit.
Hinter der Moräne (eiswärts): Grundmoränenlandschaft
(Geschiebemergel). b) Bodenfließen (Einebnung der Formen).
II. ZWISCHENEISZEIT. Neubelebung der Oberfläche durch
Tieftauen vergrabenen Eises (s. K. Gripp 4).
III. LETZTE
EISZEIT. a) Nochmaliges Vorrücken des Eises (bis Roseburg
gegen Süden): 1. Aufbau der jungdiluvialen Landschaft
nördlich der morphologischen Grenze. 2. Bodenfließen.
b)
Im Gebiet der voraufgegangenen Vereisung: Fortsetzen des
Bodenfließens.
II.
Als der Eisrand bis Gudow und Roseburg vorgerückt
war, bildete sich, wie P. Woldstedt (7) gezeigt hat, die
"Mölln-Gudower Rinne" als subglazialer Schmelzwasserkanal. In
dieser Rinne befinden sich heute der Gudower See, der Sarnekower
See, der Drüsensee und der Möllner See. Von Gudow, wo sich
wahrscheinlich das Gletschertor befand, flossen die
Schmelzwässer nach Süden und übersandeten die Grundmoräne, die
sich hinter der "Südlichen Außenmoräne" ausbreitete. Der
Segrahner Berg und die Moränen westl. Zarrentin mögen zu dieser
Zeit entstanden sein. Jedoch glaube ich nicht, wie Range (6)
annimmt, daß sie wesentlich älter sind, als die Moränen um
Ratzeburg. Dann erfolgte die Bildung eines tiefen Einschnittes
in den Eisrand, der von Gudow einerseits und von Woltersdorf
andererseits bis zum Küchensee gereicht hat. Das Gudower Tor ist
also nach Norden verlagert worden und hat zwischen Schmilau und
Fredeburg am Ausgang des Küchensees gelegen. Zu dieser Zeit
entstanden als subglazialer Schmelzwasserkanal der Ratzeburger
See und der Küchensee. Durch die Bildung der tiefen Einschnitte
in den Eisrand hatte sich die ± einheitliche
Eismasse in dieser Gegend in mehrere Eisloben aufgeteilt. Es
sind dies die Loben O 1 (Zarrentin, Gudow, Schmilau ),
O
(Fredeburg, Woltersdorf, Basthorst, Hahnheide, Sirksfelde) und
W (Sirksfelde, Grönwohld, Trittau, Granderheide, Stellau) [vgl. H.
Halske, 5].
In der Trittauer Gegend haben die
Verhältnisse ähnlich gelegen. Das Eis ist bis Grande gegen Süden
vorgerückt. Auch hier bildete sich später ein tiefer Einschnitt
in das Eis, der bis Sirksfelde reichte. Halske (5) nimmt dort
ein Gletschertor an.
Gemeinsame Gletschertore hatten die
Loben W und O bei Sirksfelde und die Loben
O und O 1 bei
Schmilau.
Zwischen den zu den Loben gehörenden Endmoränen
floß das Schmelzwasser nach Süden. Es baute einen langen
Schmelzwassersand
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kegel auf, der vom Küchensee bis an die Elbe reicht. In
seiner ursprünglichen Form ist er nicht erhalten geblieben, da
später, als das Eis in der "Lübecker Mulde" lag, von dort
kommende Schmelzwässer ein breites Tal hineinschnitten. Im Osten
und Westen schließen sich an diesen Kegelsandur flächenhafte
Sandr an.
Nun liegt vor der Endmoräne des Lobus O -
südlich von Woltersdorf - zwischen Roseburg und Hornbek ein
Gebiet, das sich durch seine Oberflächengestaltung deutlich aus
der Umgebung heraushebt. Das Gebiet trägt, wie schon C. Gagel
bei der Kartierung feststellte, endmoränenartigen Charakter. Es
wurde deshalb von Gagel in den Endmoränenzug, der das nördliche
Lauenburg durchzieht, einbezogen. Leider ist dieses Gebiet auf
der 1931 von Range herausgegebenen Karte (zu
6) nicht besonders
hervorgehoben worden. Entgegen der geologischen Kartierung wird
es dort als Sandur bezeichnet. Wie dem auch sei, das Gebiet ist
kuppig, hat zahlreiche abflußlose Wannen und teilweise eine
erhebliche Blockbestreuung. Ein Gebiet ähnlicher Struktur finden
wir weiter westlich zwischen Grande und Trittau. Auf der
geologischen Karte hat Gagel es als Endmoräne bezeichnet und in
den großen Zug I einbezogen. Halske (4) nimmt dieses Gebiet aus
dem Endmoränenzug heraus, da dieser ja östlich (bei Basthorst)
und westlich (bei Granderheide) aus der Ost-Westrichtung in die
Nordrichtung umbiegt. Er sucht für die Entstehung dieses
Gebietes (kuppig, Blöcke, abflußlose Wannen) zwischen Grande und
Trittau nach einer anderen Erklärungsweise und glaubt, es sei
vielleicht ein vorübergehender Eisvorstoß bis Grande erfolgt.
Mit der Annahme mag Halske Recht haben. Das Eis ist während der
letzten Eiszeit bis Grande gekommen. Es hat das Gebiet zwischen
Grande, Granderheide und dem Helkenteich als Endmoräne entstehen
lassen. Sodann ist jedoch die Bildung der Loben erfolgt. Das
Gletschertor, das bei Grande gelegen haben mag (Billetal
zwischen Grande und Vorburg als subglazialer Kanal) wurde
vermutlich nach Trittau und später erst nach Sirksfelde verlegt.
Auch wir müssen das Gebiet zwischen Hornbek und Roseburg aus
dem großen Endmoränenzug herausnehmen, da der Zug bei Talkau und
Niendorf nach Norden umbiegt. Wie schon früher bemerkt, hat der
Eisrand zu Beginn der letzten Vereisung seine südlichste Lage
bei Roseburg gehabt. Das Gebiet zwischen Roseburg und Hornbek
ist damals als Endmoräne entstanden. Beim Zurückweichen
des Eisrandes von Roseburg nach Niendorf, bei der Bildung der
Eisloben mag nun eine nicht unbeträchtliche Menge Resteises
zurückgeblieben sein (Gripp 2, S. 234), auch mag eine
Aufeisdecke auf der Moräne gelegen haben. Als nun die
Schmelzwässer aus der Gegend von Tramm und Woltersdorf sowie von
Schmilau kamen, übersandeten sie einmal die im Grunde
eisbedeckte "Mölln-Gudower Rinne" (7), zum anderen die Resteis-
und Aufeismassen bei Roseburg und Hornbek. Nachdem sich nun
später das Inlandeis aus unserer Gegend zurückgezogen hatte, und
das Klima sich erwärmte, taute das unter der Sanddecke
vergrabene Eis. Die sonst ± ebene Sandurfläche
belebte sich. Die alten Formen traten wieder hervor, wenn auch
infolge der erfolgten Sandbedeckung
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weniger plastisch. Ohne Rest- und Aufeis wären
die Kuppen um Grand und Roseburg, sowie das Tal zwischen Mölln
und Gudow unter einer Sanddecke vergraben.
Wir
setzen unser Schema nunmehr fort.
III. LETZTE EISZEIT.
Aufbau der jungdiluvialen Landschaft Lauenburgs.
1.
Vorrücken des Eises bis Roseburg und Grande.
2. Bildung
der Moränen zwischen Roseburg und Hornbek; Grande, Granderheide
und Trittau.
3. Bildung der "Mölln-Gudower Rinne" und des
Billetals zwischen Grande und Vorburg als subglazialer
Schmelzwasserkanal. Gletschertor bei Gudow und Grande (Lage
O).
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4. Bildung der Eisloben O
1, O und W.
5.
Bildung der Endmoränen (Lage I): I
O 1: Zarrentin, Gudow,
Schmilau. 1 O : Fredeburg, Alt-Mölln, Breitenfelde, Niendorf,
Basthorst, Hahnheide, Sirksfelde. I W: Sirksfelde, Grönwohld,
Trittau, Granderheide, Stellau. Gemeinsames Tor O
1 und O
bei Schmilau. Gemeinsames Tor O und W
bei Sirksfelde.
6. Bildung des Ratzeburger Sees und des Küchensees als
subglaziale Rinnen.
7. Übersandung des vor und zwischen
den Moränen I O 1,
I O und I W gelegenen Gebietes und damit der
Mölln-Gudower Rinne, der Gebiete um Grande und Roseburg.
(Schmelzwassersandebenen vor den Moränen, Kegelsandur zwischen
den Moränen.)
8. Bildung des Abflusses der Lübecker
Mulde.
9. Rückzug des Eises.
IV. NACHEISZEIT.
Erwärmung des Klimas. Tieftauen des vergrabenen Eises,
Einsinken der Sanddecke, Hervortreten der alten Formen:
Mölln-Gudower Rinne, Moränen um Grande und Hornbek.
ZUSAMMENFASSUNG.
1. Der nördliche Teil Lauenburgs ist
jungdiluvial, der südliche Teil dagegen altdiluvial (letzte und
vorletzte Eiszeit). Die letzte Eiszeit hat die Elbe nicht mehr
erreicht.
2. Die den Norden Lauenburgs durchziehenden
Endmoränen sind nicht - wie Gagel annahm - von einer
einheitlichen Eismasse gebildet worden, sondern drei Eisloben
sind daran beteiligt gewesen. Diese Tatsache kommt auf der von
Range 1931 (6) herausgegebenen Karte "Geologische
Übersichtskarte der weiteren Umgebung Lübecks" nicht zum
Ausdruck. Die Gebiete um Grande und Roseburg finden dort keine
Berücksichtigung. Außerdem ist es nicht recht verständlich,
warum Range nördlich der Höhen von Talkau und Gr. Schretstaken
(1. Staffel, Lobus O) jüngere Grundmoräne, nördlich von Gudow
(1. Staffel, Lobus O 1) aber mittlere Grundmoräne kartiert. Die
Höhen zwischen Gudow und Zarrentin sind als Teile der 1.
Staffel des Lobus O 1 zwar zuerst entstanden, aber ein
Interstadial liegt nicht zwischen ihrer Entstehung und der
Entstehung der weiter nördlich folgenden Teile von Gudow bis
Schmilau. Die Moränen zwischen Zarrentin und Gudow sind
vielleicht zur gleichen Zeit entstanden wie das Gebiet um
Roseburg. Aber trotzdem sind die Moränen I O und
I O 1 und mit
ihnen die Grundmoränen gleichen Alters.
3. Die Gebiete um
Grande und Roseburg sind als Moränen vor der Bildung der Loben
entstanden, sind wie die Mölln-Gudower Rinne übersandet worden
und traten nach Abtauen des vergrabenen Eises wieder hervor.
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VERZEICHNIS DER ANGEFÜHRTEN ARBEITEN:
1. C. GAGEL:
Erläuterungen zur geologischen Karte von Preußen (Blatt Nusse).
2. K. GRIPP: Glaciologische und geologische Ergebnisse der
Hamburgischen Spitzbergen-Expedition 1927. Abh. des Naturw.
Vereins Hamburg 1929.
3. K. GRIPP: Über die äußerste
Grenze der letzten Vereisung in Nordwest-Deutschland. Mitt. der
Geogr. Ges. Hamburg. Bd. XXXVI, 1924.
4. K. GRIPP:
Gletscher und Bodenfrost, rezent und diluvial. (Vorl. Mitt.)
Geol. Rundschau, Bd. XXI (1930), Heft
5.
5. H. HALSKE:
Über den Verlauf der Endmoränen auf Meßtischblatt Trittau.
I.-Diss. Hamburg 1924.
6. P. RANGE: Übersicht der
Geologie von Lübecks Umgebung. Mitt. d. Geogr. Ges. Lübeck, Heft
36 Lübeck 1932.
7. P. WOLDSTEDT: Probleme der Seenbildung
in Norddeutschland. Ztschr. der Ges. f. Erdkunde. Berlin 1926
Nr. 2.
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