Lauenburgische Heimat
[Alte Folge]

Zeitschrift des Heimatbundes Herzogtum Lauenburg e. V.
1933


Alte Steinkreuze.

Von DR. F. KUHFAHL, Dresden.
 

Unter den sichtbaren Zeichen deutscher Vergangenheit nehmen die sogenannten "alten Steinkreuze" eine besondere Stellung ein, denn abgesehen von den wenigen anderen germanischen und mittelalterlichen Altertümern, wie Hünengräbern, Dolmen, Menhrrs, Batasteinen usw., sind sie der einzige Rest der Vorzeit, der sich dank seiner steinernen Unverwüstlichkeit in ganz beträchtlicher Zahl im ganzen deutschen Sprachgebiet bis auf unsere Tage herüberretten konnte.

Ueber den wirklichen Ursprung ihrer uralten Symbolik schwebt völliges Dunkel, und erst seit dem 12. Jahrhundert läßt sich aus vielfachen urkundlichen Überlieferungen der Begriff des Mord- und Sühnekreuzes, der auch in den mündlichen Überlieferungen des Volkes noch heute die Hauptrolle spielt, mit Sicherheit annehmen, dagegen stößt die Deutung des einzelnen inschriftlosen Kreuzes nach Zweck und Alter auch dann noch auf unüberwindliche Schwierigkeiten, und bei nahezu 3000 bekannten in- und ausländischen Steinkreuzen erscheint der Beweis auch nicht in einem einzigen Falle geglückt.

Zu den dankenswerten Untersuchungen dieser Art gehört die Arbeit des Oberst v. Notz über das Ansveruskreuz, in der uns der Verfasser an der Hand dutzendfältiger Quellen ein interessantes Stück niederdeutscher Lokalgeschichte entrollt. Wenn er dabei sein Forschungsergebnis über den Namen des alten Steinbildes und dessen Zusammenhang mit dem Märtyrertod des heiligen Ansverus vorsichtigerweise mit einem Fragezeichen abschließt, so lassen sich seine eigenen Zweifel bei weiterer Umschau unter dem nordischen Steinkreuzbestand noch wesentlich vermehren. Beispielsweise dürften die Steinkreuze 'der schwedischen Insel Oland, oder der schottischen Insel Jona, die der Verfasser nicht zu kennen scheint, genau wie die von ihm erwähnten Stücke von Wisby und Lübeck nach Größe und Form gleichfalls zum Vergleich dienen, und die volkstümliche Bezeichnung als "Ansveruskreuz" noch mehr erschüttern helfen. Auch in anderen Gegenden Deutschlands werden einzelne Stücke oder ganze
Gruppen von Steinkreuzen im Volksmund mit Heiligennamen belegt, die von vornherein den Stempel der Unwahrscheinlichkeit an sich tragen. Ich erinnere an die slawischen Heidenapostel Cyrill und Methodius, die vom Balkan bis zur Lausitz herauf spuken, an die vielen Bonifaziuskreuze in thüringischen Landen, oder an das Einzelbeispiel des Arnokreuzes von Klaffenbach bei Chemnitz, das angeblich den Schlachtentod des Bischofs Arn von Würzburg im Jahre 892 verherrlichen soll und wiederholt den Gegenstand theologischer und strategischer Streitschriften gebildet hat.

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In all diesen Fällen steht der Volksmund mit seiner sagenhaften Überlieferung samt den bestimmten Eigennamen des Kreuzes in offensichtlichem Widerspruch zu den geschichtlichen Vorgängen, und gerade "Das Dunkel von zween Jahrhunderten", das der Verfasser schließlich auch für die Beweisfolge des Ansveruskreuzes feststellen muß, kann genügt haben, um ältere Überlieferungen abzureißen oder vergessen zu lassen und einer neuen Sagenbildung auf falscher Grundlage um das geheimnisvolle, verwitterte Steinmal Vorschub zu leisten.

Solche Erfahrungen mögen also schließlich dazu Anlaß geben, bei der ernsthaften historischen Betrachtung des alten Lauenburgischen "Bischofskreuzes" recht vorsichtig zu sein und selbst die Beweiskraft älterer Schriftsteller nicht zu überschätzen.


 


 

 

 

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