Während die bekannteren Porträts die badische
Markgräfin aus dem Hause Sachsen-Lauenburg in der strengen
Witwentracht ihres Alters zeigen, entstand der Kupferstich (s.
Abb.) im Jahre 1696, sechs Jahre nach der
Vermählung der fünfzehnjährigen Prinzessin mit Ludwig Wilhelm
von Baden-Baden, dem Sieger in vielen Türkenschlachten 1).
Sibylla Augusta steht im reichen Brokatkleid auf einer Terrasse
des Schlosses Schlackenwerth in Böhmen vor dem von ihrem
Großvater, Herzog Julius Heinrich von Lauenburg, seit etwa
1630 angelegten berühmten Garten. Ihre rechte Hand
spielt mit dem Fächer, während sie den Kopf unter der bizarren
Haube mit einer reizenden Mischung von Nachdenklichkeit und
Aufgewecktheit zur Seite wendet. Die Kette aus 33
besonders großen Perlen am Halse der
_______________
1) Wichtige Hinweise für den vorliegenden Aufsatz
verdanke ich der Freundlichkeit von Herrn Landesarchivar
Siegfried Schellbach in Mustin. - Neuere Lit. über Sibylla
Augusta: Rud. Sillib, Schloß Favorite u. d. Eremitagen d.
Markgräfin Sib. Augusta, 2. Aufl. Heidelberg
1929. - Anna Maria Renner, Die Schloßkirche zu
Rastatt (ungedr. Heidelberger Diss. 1933); die
Verf. bereitet ausführliche Arbeiten über Sib. Augusta und über
den Garten zu Schlackenwerth vor. - W. Dührsen, in Archiv f. d.
Gesch. d. Herzogthums Lauenburg, 3. Bd., Heft
3 (1892) 65 ff.
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Phot: Bad. Landesamt f. Denkmalpflege.
Franziska Sibylla Augusta, Markgräfin von Baden,
geborene Prinzessin von Sachsen-Lauenburg.
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1936/2 - unpag. verso
[UNBEDRUCKT]
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jungen Markgräfin ist aus den Inventaren der "Schlackenwerther
Pretiosen" bekannt; sie gehörte zu der 1690 unter die beiden
Töchter verteilten Hinterlassenschaft des letzten Herzogs von Lauenburg, Julius
Franz.
Schon früh wirkten die verschiedensten Kulturkreise auf Sibylla Augusta: der
Sachsen-Lauenburgischen Herzogsfamilie, einem Zweige der alten Askanier,
entstammend war die Prinzessin auf den großen böhmischen Besitzungen der wieder
katholisch gewordenen Lauenburger aufgewachsen. Durch ihre Heirat 1690
mit dem badischen Markgrafen, den der Volksmund den "Türkenlouis" nannte, trat
sie in Verbindung mit den westlichen Grenzlandschaften Deutschlands und ihren
wechselnden Schicksalen - eigentlich erst einige Jahre später, denn 1689
waren die baden-badischen Residenzen Baden-Baden und Ettlingen von den Franzosen
zerstört worden, und das junge Paar wohnte in Schlackenwerth oder in Augsburg,
Nürnberg, Günzburg, bevor von 1698 an in der Rheinebene Rastatt
als neue Residenz ausgebaut wurde.
Vielleicht geben die starken Gegensätze der Milieus, in denen die Markgräfin
lebte, auch eine Erklärung für ihre wechselnden Stimmungen, deren Deutung den
Chronisten schwer gefallen ist. Aber den Schlüssel zu der scheinbar rätselhaften
Tatsache, daß Sibylla Augusta gleichsam mehrere Leben in unmittelbarer Folge zu
führen vermochte, liegt wohl in der im Gegensatz zu späteren Jahrhunderten
damals viel größeren Farbigkeit und Intensität des Daseins. Die Markgräfin besaß
eben im stärksten Maße diese beiden Kennzeichen des barocken Zeitalters, mit
dessen architektonischen Zentren um 1700: Frankreich und
Böhmen-Oesterreich, sie in Verbindung stand. Was sie tat, das führte sie mit
Temperament und Ausschließlichkeit durch, und wenn am Hofe der schon 1707
Verwitweten Wochen zauberhafter Feste mit Wochen strengster Bußübungen sich
seltsam ablösten, so darf man das nicht als Zeichen von Wankelmütigkeit nehmen,
sondern im Gegenteil als Beweis für eine Originalität, deren innere Lebendigkeit
sich gerade in dem möglichen Wechsel der Daseinsformen zeigte.
Das Temperament der Markgräfin bestimmte auch die Art ihrer Religiosität. Hier
unterschied sie sich von der zweiten Prinzessin aus norddeutschem Hause, die zu
jener Zeit in der Nähe des 1715 gegründeten Karlsruhe residierte:
der Augusta Maria von Baden-Durlach aus dem Hause Holstein-Gottorf. Die
protestantische Religiosität der Gottorferin war eher auf das praktische Wirken
gerichtet; sie stellte nur christliche Bücher in ihrer Bibliothek auf und sorgte
für den Druck von Luther-Bibeln und Gesangbüchern. Mit ihrer katholischen
Verwandten stand sie in so freundschaftlichen Beziehungen, daß sie ihr in
Rastatt ihr Testament zur Aufbewahrung übergab 2).
Schloß Favorite bei Rastatt.
Phot: W. Kratt, Karlsruhe.
Noch heute verraten Sibylla Augustas wohlerhaltene Bauten auf
ihrem 1711 angelegten Lieblingssitz Favorite bei Rastatt die
beiden Pole, zwischen denen sich ihr Leben bewegte. Neben dem dreiflügelig um
einen dreigeschossigen Mittelsaal angeordneten Schloß, dem der
_______________
2) Karlsruhe, Generallandesarchiv, Haus- u. Staatsarchiv I
Personalien, Augusta Maria 9 A. Den Beamten danke ich für frdl.
Hilfe .- Vgl. H. Rott, Kunst u. Künstler am Baden-Durlacher Hof, Karlsruhe
1917, 141, Anm. 1, 4.
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Wandbewurf aus farbigen Kieseln ein südlich-heiteres Gepräge gibt, ließ sie sich
eine düstere Eremitage errichten, um hier auch in klösterlicher Einsamkeit leben
zu können. Das Schloß schmückten außer erlesenen Chinoiserien und all den
graziösen Dekorationen der Watteau-Zeit 40 Porträts der Markgräfin
in den Kostümen ihrer Maskenfeste - in dem mit Baumrinde verkleideten Innenraum
der Eremitage standen nur "etliche ohne Kunst gearbeitete Statuen des Herrn
Christi, Josephs und Mariä, ein schlechtes Bette ohne Vorhänge, ein Altar ohne
Zierrathe"; es war eine "zur geistlichen Betrachtung bequeme Einöde", wo Sibylla
Augusta nur von den Statuen umgeben lebte.
Diese Beschreibung der Eremitage gibt Johann Georg Keyßler, der gelehrte
Erzieher und Reisebegleiter des Grafen Johann Hartwig Ernst Bernstorff, späteren
Besitzers der Lauenburgischen Güter Wotersen und Stintenburg, wo Keyßler am
22. 6. 1743 starb und in der Bernstorff'schen Gruft in Lassahn
beigesetzt wurde. Im September 1729 hatte er mit den Brüdern J. H.
Ernst und Andreas Gottlieb Bernstorff die Markgräfin in Favorite besucht 3),
wo die Schloßherrin den Gästen die "unterirdischen Einrichtungen" von Küche und
Keller ebenso bereitwillig zeigte wie ihre virtuosen Achatmalereien. Alle diese
Züge vervollständigen das Bild dieser ungewöhnlichen Frau, die in
zwanzigjähriger Regentschaft für ihren Sohn ihr in endlosen Kriegen schwer
mitgenommenes Land zu neuem Wohlstand zu führen wußte. Sie war eine Herrscherin
im wahren Sinne des Wortes, ebenso wie der Freund ihres Alters, der Fürstbischof
von Speyer, Damian Hugo von Schönborn, Erbauer des nahen Schlosses zu Bruchsal,
der als seine "Recreation" zwischen den religiösen Aufgaben und den
Amtsgeschäften "die Setzung eines Risses oder neuen Zimmers" bezeichnete 4).
Für diese kräftigen Menschen des späten Barock waren die Äußerungen des
religiösen und des künstlerischen Gefühls mit dem Ablauf des täglichen Lebens
noch ganz natürlich vereinbar. Wie anders war es schon geworden, als am Ende des
18. Jahrhunderts etwa die seltsame, auch in Eutin und Emkendorf
bekannte Fürstin Adelheid Amalia Gallitzin im Kreise der Münsteraner
"Erwecker-Bewegung" gegen die Aufklärung kämpfte! Vielleicht ist es die
inzwischen entstandene, abschwächende Gefühlsart der Sentimentalität, die diese
beiden in manchen Zielen verwandten Fürstinnen doch wie durch eine Welt getrennt
scheinen läßt. -
Nur ein Ausschnitt aus dem Wirken der letzten Lauenburgischen Prinzessin kann
noch etwas eingehender geschildert werden: Sibylla Augustas Verhältnis zu den
verschiedenen Künsten. Am bekanntesten sind die BAUTEN, die sie durch ihren aus
Böhmen stammenden Architekten Johann Ludwig Michael Rohrer (1683-1732)
aufführen ließ. Die Schwere des böhmischen barocken Palais-Stils verbindet sich
in seinen Werken mit französischer und italienischer Grazie zu einem
eigenartigen Ganzen. Außer einer Reihe von Kirchenbauten beendete Rohrer die von
dem Italiener Domenico Egidio Rossi be-
_______________
3) J. G. Keyßler, Reisen durch Deutschland, Böhmen, Ungarn ... 3.
Aufl. 1776. Bd. I, 107 ff., XXXV.
4) Freiburger Diöcesan-Archiv, neue Folge 16 (1915)
151 ff.
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gonnenen Schlösser Rastatt und Scheibenhardt und errichtete nach eigenen
Entwürfen vor allem im Jahr 1711 das Schloß Favorite, dem
1717 die Eremitage folgte. Die ländliche Favorite, in einem großen
Garten zwischen Rastatt und Baden-Baden gelegen, enthält zur ebenen Erde eine
mehrbogige Einfahrt; unmittelbar in das darüber befindliche Wohngeschoß führt
vom Garten aus die mächtige Freitreppe (s. Abb.). Bis in ihre letzten Lebenslage
kümmerte sich die Markgräfin um alle Baufragen. Einer der hervorragendsten
Architekten der Zeit, der berühmte Balthasar Neumann, dessen Mitwirkung den
meisten großen Bauten Südwestdeutschlands zugute kam, besichtigte beratend
1728 ihr "vorhabendes Bauwesen zu Ettlingen" 5). Im
Winter 1731 meldete Neumann seinem Herrn, dem Fürstbischof
Friedrich Carl von Schönborn, nach Würzburg, daß Sibylla Augusta in Bruchsal au
einer Besprechung der Pläne für die Würzburger Residenz teilqenommen habe
6). Ihr Architekturverständnis wurde auch von bauerfahrenen Männern
nicht verachtet.
Auch für die Aufgaben der MALEREI zog die Markgräfin böhmische Künstler nach dem
Westen, so die vielseitige Familie Lill oder Lihl. Der Hofmaler Heinrich Lihl (1690-1756),
der u. a. Jagdbilder für das Schloß Scheibenhardt malte, war der Sohn des aus
Schlackenwerth nach Rastatt gekommenen Hofgärtners Georg Lill. Zweifellos hängt
die im 18. Jahrhundert in Lauenburg und Kopenhagen ansässige,
katholische Familie Lill oder später Lillie, aus der Joseph Christian Lillie (1760
-1827) - Erbauer des Herrenhauses Gudow in Lauenburg - stammte
7), mit dieser böhmisch-badischen Familie zusammen. Lillies
Großvater, Matthias Lill, gestorben 1750 als Gärtner in Lauenburg,
war vielleicht ein älterer Bruder des Rastatter Hofmalers und durch Sibylla
Augusta, deren mannigfaltige Verbindungen für den Austausch von Künstlern und
Handwerkern zwischen den einzelnen Landschaften wichtig waren, nach dem Norden
gekommen. - Den Maler der Deckengemälde in der von ihr erbauten Rastatter
Schloßkapelle. Johann Hiebel, rief die Markgräfin ebenfalls aus Böhmen; mit der
Ausmalung der Ettlinger Schloßkapelle beauftragte sie 1732 den
bekannten Münchener Freskenmaler Cosmas Damian Asam. Der größere Teil dieser
Werke ist noch heute erhalten.
Sibylla Augusta wucbs zwischen den reichen KUNSTSAMMLUNGEN auf, die ihre
kunstliebenden Vorfahren, besonders ihr Großvater Herzog Julius Heinrich von
Lauenburg, seit 1630 auf den böhmischen Schlössern vereinigt
hatten. Als Fünfzehnjährige erbte sie einen Teil der Gemälde und die
"Schlackenwerther Pretiosen" 8). Das erhaltene Inventar aus dem
Jahre 1690 "über dasjenige Gold,
_______________
5) H. Rott, Bruchsal, Quellen, Zeitschrift f. Gesch. d. Archit.,
Beiheft 11 (1914) 65.
6) K. Lohmeyer, Die Briefe Balthasar Neumanns an Fr. C. v.
Schönborn, 1921, 25.
7) J. v. Welck. Joseph Christian Lillie, in Ztschrft. d. Vereins
f. Lübeckische Gesch. u. Altertumskunde XXVIII (1935)
103 ff.
8) Anton Gnirs, Das ehem. herzogl. Sächsisch-Lauenburgische ..
Amtsarchiv aus dem Schlosse zu Theusing in Böhmen. Brünn 1933,
159. - Inventare im Karlsr. G. Landesarchiv a. a. O., Sibylla Augusta
11 A, 12, 12 A.
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Kleinodien und Silber Geschmeid, auch Schildereyen, Kunstwerks
und anderer Mobilia, welche in denen Schlössern Schlackenwerth und Reichstadt ..
auf Ihre Durchlaucht Frau Markgräfin Francisca Sibylla Augusta Antheil kommen"
zählt z. B. 67 Gemälde auf, unter denen "ein Mutter Gottes Bild
sambt dem Kind in einem Altärlein von Albrecht Dürer" mit der ungewöhnlich hohen
Summe von 4000 Talern eingesetzt war. - Über die als Fideikommiß
zusammengehaltenen "Pretiosen" geben am besten die späteren Inventars von
1771/75 Auskunft, die Kaiser Joseph II. -
von Sibylla Augustas ohne männliche Erben gestorbenem Sohn als
Testamentsvollstrecker eingesetzt - aufstellen ließ. Neben der schon genannten
Perlenkette erscheint eine unübersehbare Fülle kostbarer Diamanten, Brillanten,
Schmucksachen; Gefäßen aus Gold, Silber, Onyx, Bergkristall, Jaspis.
Hervorzuheben ist ein Satz von acht Silberbechern, genannt "der Favoriter
Willkumm", auf denen Ansichten der acht böhmischen Besitzungen der Markgräfin
eingraviert waren, während der mittlere Aufsatz ihr Porträt trug. Vom 8.
bis 16. Mai 1775 wurden diese Schätze im Amtshaus zu
Offenburg i. B. versteigert und nach dem Protokoll durch Handelsleute und
Juweliere aus Paris, Straßburg, Metz, Karlsruhe, Mainz in alle Winde zerstreut.
Unter den wenigen privaten Sammlern trat auch der Herzog von Orleans, der
spätere "Philippe Egalité", als Käufer auf. Unverkauft blieb wie eine
Darstellung der Melancholie von Lucas Cranach auch Dürers schon erwähntes,
prächtiges Bild der heiligen Jungfrau mit dem Jesuskinde, auf Holz gemalt,
22 Zoll hoch und 17 1/4 Zoll breit ... mit seinem Namen
und der Jahreszahl 1523". Nur vereinzelte Stücke der Sammlung sind
noch nachweisbar, die beiden Gemälde sind verschollen 9).
Besondere Beachtung verdient die bedeutsame Rolle, die der MUSIK, wie stets am
Hofe der Markgrafen von Baden-Baden, so auch zur Zeit Sibylla Augustas zufiel.
Hofkapellmeister war vom Ende des 17. Jahrhunderts an der
ungewöhnlich originelle Johann Caspar Ferdinand Fischer 10), von
dem wir leider weder das Geburtsjahr noch den Geburtsort wissen. Hochbetagt
starb er 1746 in Rastatt. Seine ersten gedruckten Kompositionen,
geschrieben für Trompeten, widmete er 1695 in Augsburg dem
siegreichen Türkenlouis. Als opus II erschienen 1696,
also im gleichen Jahr, in dem der Porträtstich der Markgräfin enstand, in
Schlackenwerth "les pièces de
_______________
9) Das nach der 1775 genau gelesenen Bezeichnung
doch wohl echte DürerBild ist besonders interessant, da sonst zwischen
1521 und 1525 keine Gemälde von ihm bekannt sind. (Ed.
Flechsig, Albrecht Dürer, Bd. I, 1928, 428).
- Vgl. den wichtigen Aufsatz von M. Schmidt, Kostbarkeiten aus d. Besitz der
Herzogin Sib. Augusta, in Archiv d. Vereins f. d. Gesch. d. Herzogthums
Lauenburg, 7. Bd., Heft 2 (1903)
42 ff. Die dort angeführte Quelle "Almanac génélogique" von
1779 geht sicherlich auf das nicht mehr aufzutreibende "Verzeichnis
derjenigen seltenen Edelsteine ... und Malereyen, welche zu Offenburg am
8. 5. 1775 ausgeboten wurden," zurück, das J. Lorenz
1775 in Straßburg druckte. - Einen Aufsatz über den Verbleib
einzelner Stücke bereitet Herr Geh.Rat DR. Obser vor, dem ich für seine
Mitteilungen danke.
10) Am besten unterrichtet E. v. Werra, Johann Caspar Ferdinand
Fischer, Sämtliche Werke für Klavier und Orgel, Leipzig 1901,
Vorwort. Dort Wiedergabe der Titelblätter und Widmungen. Den Hinweis verdanke
ich Frau Rita Hirschfeld.
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Clavessin", die Fischer zum Neujahr 1798 neu
herausgab und als "musicalisches Blumenbüschlein" der Markgräfin Sibylla Augusta
zueignete. "Ich getraue mir aber nicht", sagt Fischer in der reizenden Widmung,
"Dero Hochfürstliches Cabinet mit Trompeten und Geigenschall zu beunruhigen'
sondern ich praesentire hiemit eine etwas stillere Music, und gegenwärtige
allein auf das Clavicordium eingerichtete Parthyen als Blumenbüschlein in dero
Cabinet aufzustellen ich umb so mehr die Erlaubnis nehme, weillen Euer
Durchlaucht als eine kunstreiche Minerva selbsten daraus die Prob machen und aus
vielen das Beste erwählen können". - Der Zauber dieser Kompositionen zeigt sich
in der Tat nur, wenn sie auf dem Klavicord als dem vorgeschriebenen Instrument
gespielt werden.
Auch für die musikalische Ausbildung von Sibylla Augustas Enkelin Elisabeth
Augusta wurde gesorgt, als sie achtjährig 1734 zur weiteren
Erziehung in das Stift Essen kam. Wie aus einem Schreiben der Pfalzgräfin bei
Rhein, Francisca Christina, Aebtissin der Kaiserlichen Freiweltlichen Stifter
Essen und Thorn, hervorgeht, lernte die Prinzessin dort "dantzen, singen und das
claveßin schlagen mittels Bezahlung monathlich von 2 1/2 Gulden"
11). So konnte der alte Fischer der Zwölfjährigen
schon 1738 "als einer selbst wohlerfahrenen und geneigten Music
Patronin" seinen "musicalischen Parnassus" widmen, eine nach den neun Musen
gruppierte und ihren Charakteren angepaßte Folge von 9 Suiten.
Unter den von Sibylla Augusta veranstalteten Festen zeichnete sich die
Einweihung des wiederhergestellten Ettlinger Schlosses im Jahre 1729
aus. bei der 21 Hofmusiker mit Geigen, Gamben, Baß, Harfe,
Dudelsack, Flöten, Triangel, Hackebrett, Bettlerleier in chinesischen Kostümen
konzertierten. Sicherlich war die Musik zu dieser originellen Chinoiseric von
Fischer; wie alle seine Opern und Gelegenheitswerke, ist sie leider verloren.
Der Verleger seiner Kompositionen, Johann Christian Leopold in Augsburg, hat
aber wenigstens das spielende Orchester in einem lustig und elegant gestochenen
Blatt festgehalten 12).
Sibylla Augusta hat als letzte Prinzessin von Sachsen-Lauenburg noch einmal alle
Fähigkeiten und Begabungen ihres alten Hauses in ihrer Persönlichkeit vereint.
Sie verdient, wie in Baden, so auch in Lauenburg heute noch unsere Bewunderung.
_______________
11) Karlsr. G. Landesarchiv a. a. O. Elisabeth Augusta, Nr.
4324.
12) "Acurate Representation des Festins, welches ... Fr. Sibylle
Augusta im .. Schloß Ettlingen Anno 1729 gegeben." Abgebildet bei
R. Sillib, Schloß Favorite, 1929, Tafel XVI.
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