Eine Kurwürde in Aussicht? Die Sachsen-Lauenburger Herzöge und das Wittenberger Erbe 1422.

Die 1420er Jahre wurden zu Schicksalsjahren der Herzöge von Sachsen-Lauenburg. Gerade erst hatten sie im Frieden von Perleberg 1420 Sahnestücke ihres Territoriums dauerhaft an Hamburg und Lübeck abgeben müssen. Nun stand 1422 das aussichtsreiche Erbe der im Mannesstamm ausgestorbenen Sachsen-Wittenberger Verwandten inklusive Kurwürde an. Doch alle Hoffnungen, die sich die Herzöge von Sachsen-Lauenburg mehr oder minder begründet darauf machten, erwiesen sich als nichtig: Denn 1423 belehnte der römisch-deutsche König Sigismund den meißnischen Markgrafen Friedrich den Streitbaren aus dem Haus Wettin mit dem Herzogtum, wodurch auch die sächsische Kurwürde an diesen überging. Die Herzöge von Sachsen-Lauenburg gingen dagegen leer aus. Doch sie erhielten ihren Anspruch auf die Kurwürde weiterhin aufrecht und scheuten hierin auch nicht den Konflikt mit dem Kaiser. Allerdings sollte ihnen in dem langen Streit kein Erfolg beschieden sein.

Der bebilderte Vortrag beleuchtet die Hintergründe des Besitzerwechsels in Sachsen 1422/23 und die besondere Rolle, die die Herzöge von Sachsen-Lauenburg dabei spielten.

Nach dem Aussterben der Herzöge zu Sachsen-Wittenberg beanspruchten die Lauenburger Herzöge lange deren Länder und Würden, und Herzog Bernhard II. übernahm deshalb das Wappen der Wittenberger. Neben dem sächsischen Stammwappen enthielt es die Schwerter für die Würde als Erzmarschall des Reiches und dadurch Kurfürst, die Seerosenblätter der Grafschaft Brehna (südlich von Wittenberg) und den Adler der Pfalzgrafschaft Sachsen. Die Bemühungen waren vergeblich. Bernhards Enkel Herzog Magnus I. verzichtete in seinem Wappen auf die Kurschwerter, behielt aber die Seerosenblätter und den Adler, die jetzt zu Wappen von Engern und Westfalen umgedeutet wurden.

Vortrag von Prof. Dr. Oliver Auge, Kiel, am 6. Oktober 2022 im Rokokosaal des Herrenhauses in Ratzeburg. Der Vortrag ist eingegangen in folgenden LH-Beitrag: Oliver Auge, Herzog Erich V. von Sachsen-Lauenburg, eine Urkundenfälschung von 1422 und das vergeigte Wittenberger Erbe, in: Lauenburgische Heimat, Heft 215, April 2023, S. 37-43.

Literatur:

  • Franziska Hormuth: Ein aussichtsloser Kampf? Die Herzöge von Sachsen-Lauenburg und die Kurwürde, in: Oliver Auge/Michael Hecht (Hgg.): 'Kleine Fürsten' im Alten Reich. Strukturelle Zwänge und soziale Praktiken im Wandel (1300-1800) (Zeitschrift für Historische Forschung, Beiheft 59), Berlin 2022, S. 173-201 (Exzerpt).
  • Wolf-Dieter Mohrmann: Lauenburg oder Wittenberg? Zum Problem des sächsischen Kurstreites bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts (Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen, Bd. 8), Hildesheim 1975.
Wappen Herzog Bernhards II., früher im Ratzeburger Dom, heute im Kreismuseum Ratzeburg